piwik no script img

■ QuerspalteMut zur (Wissens-)Lücke!

Irgendein deutscher Schlagerinterpret hat einmal den Gedanken nahegelegt, daß es schön wäre, wenn man noch einmal 17 sein könnte. Der Mann hat recht, denn es gibt heute immerhin einen verdammt guten Grund, wieder Teenager zu sein: Die Schüler werden unterrichtet von Lehrern, von denen wir nicht einmal zu träumen wagten. Diese Erkenntnis verdanken wir der Illustrierten Stern, die ein Kölner Institut beauftragte, die Allgemeinbildung deutscher Pauker zu untersuchen.

Das Ergebnis der Studie: Erfreulich viele Lehrer schleppen keinen Bildungsballast mehr mit sich herum, und die Gefahr, daß unsere Kinder überflüssiges, womöglich gemeingefährliches Wissen vermittelt bekommen, ist deshalb so gering wie nie zuvor. 45 Prozent der Lehrkräfte kennen zum Beispiel nicht den Begriff für eine selbstgeschriebene Lebensgeschichte. Somit dürfte die Zahl der Mitmenschen, die es zum Verfassen einer Autobiographie drängt, in Zukunft spürbar sinken – gut für die Regenwälder! Außerdem war ein Drittel – die Quote sollte steigerungsfähig sein – nicht in der Lage, eine Prozentrechenaufgabe zu lösen. Ja und? Schicken wir unsere Kinder etwa in die Schule, damit sie die Preisschilder im Winterschlußverkauf deuten können?

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, ein Herr Meyer aus Sachsen, wäre gar nicht mehr gern jung. Ihn hat die Studie „schockiert“, weil die Hälfte der Pädagogen nicht wußte, was „die Deutschen“ am 3. Oktober feiern. Tja, nicht jeder kennt seine Terminkalender der letzten Jahre auswendig. Und selbst ich kann, nach sorgfältigen Recherchen in meinem Kalenderarchiv, die Frage nur ansatzweise beantworten: Am 3. Oktober 1995 traf ich um 16 Uhr Andrea, am 3. Oktober 1996 feierte die Zeitschrift Titanic eine Party, und im Kalender von 1997 ist unter dem Datum ein „H“ vermerkt, was bedeutete, daß meine Mannschaft ein Heimspiel hatte. Festzustehen scheint also nur: An jenem 3. Oktober passiert in Deutschland irgendwas. René Martens

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen