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Querelen in der NationalelfBallack gegen Löw

Nach Kevin Kuranyi und Torsten Frings fordert Michael Ballack Cheftrainer Joachim Löw heraus. Der Kapitän spricht von mangelndem Respekt. Löw reagiert extrem verärgert.

Steht unter Druck: Bundestrainer Joachim Löw. Bild: reuters

BERLIN taz Nun ists der Kapitän des DFB-Teams, der mit der Personalpolitik von Bundestrainer Joachim Löw nicht einverstanden ist. Erst wars ja Kevin Kuranyi, der sich ungebärdig benahm. Dann kratzte Torsten Frings am Lack des überaus erfolgreichen Coachs. Jetzt fordert Michael Ballack mehr Ehrlichkeit und Respekt - vor allem im Umgang mit den Altvorderen (wie Frings und Ballack).

Löw ließ mitteilen, er sei enttäuscht von Ballacks verbalem Vorstoß. Neben seiner Enttäuschung sollte er sich aber um seine offenbar schwindende Autorität sorgen. Denn die Disziplinlosigkeiten seiner Auswahl häufen sich. Ist das ein grundsätzliches Problem der Nationalmannschaft oder nur ein aufgeblasenes Geplänkel? Alles deutet auf Variante eins hin, denn es steht ja seit der Europameisterschaft fest, dass Ballack grundsätzliche Probleme mit dem Führungsteam hat, allen voran mit Manager Oliver Bierhoff. Seinerzeit schlug sich Löw auf die Seite von Bierhoff.

Dass Löw in Ballacks Verhalten - die Vorhaltungen hatte er ihm MIttwoch in einem FAZ-Interview gemacht - für eine Disziplinlosigkeit vom Kaliber Kuranyis hält, wird in seiner Reaktion deutlich. Wie sonst ist zu verstehen, dass Löw in einer offiziellen Mitteilung des DFB zu folgendem Schluss kommt: "Ich werde mit Michael Ballack telefonieren und ihn zu einem Gespräch in Deutschland auffordern, um ihm zu sagen, dass ich von dem Weg, den er gewählt hat, maßlos enttäuscht bin und die inhaltlichen Aussagen von ihm nicht akzeptabel sind. Ich lasse mir das nicht gefallen und werde auf diese Unterredung bestehen." Und weiter: "Alles Weitere wird man dann sehen, meine Entscheidung hängt dann auch vom Verlauf dieses Gesprächs ab."

Der nette Herr Löw kann auch anders, wie man sieht. Je größer der innerbetriebliche Druck auf ihn wird und je mehr die Gruppendynamik aus dem Ruder zu laufen droht, desto autoritärer scheint er zu werden. In seinen Äußerungen steckt ein klare Drohung: Kommen wir nicht überein, dann ist die Nationalmannschaftskarriere für Ballack zu Ende.

Es geht Joachim Löw wohl mehr denn je ums "Unterwerfen", wie er jüngst formulierte. "Wir haben Michael Ballack in der Vergangenheit des Öfteren dazu aufgefordert, als Kapitän die Dinge anzusprechen, die er kritisch oder anders sieht. Dass er nun den Weg über die Medien mit seiner Kritik an unserer Arbeit gewählt hat, ist schlichtweg falsch und nicht nachzuvollziehen", lässt Löw wissen.

Weiter stellt er klar: "Mangelnden Respekt lassen wir uns als Trainerteam niemals vorwerfen. Offenbar hat sich in unseren Reihen so eine Stimmung breitgemacht, dass man Respekt automatisch mit einer Stammplatzgarantie verbindet. Es hat kein Spieler, auch nicht der Kapitän, das Recht, in Sachen Aufstellung oder Personalpolitik den Trainer zu kritisieren oder sogar öffentlich Stimmung gegen das Trainerteam zu machen."

Wann oder ob überhaupt Ballack zu Kreuze kriecht, war gestern noch nicht bekannt.

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10 Kommentare

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  • FK
    Franz K. B.

    Herr Löw hat vollkommen recht! Was Ballack und Frings da machen würde in keiner Kreisklassemannschaft toleriert. Wenn die Herren so professionell wären, wie Sie behaupten, dann wäre ihnen mit der gebotenen Selbstkritik aufgefallen, dass ihre Leistung insbesondere aber die von TF meilenweit von ihrer Topform weg ist. Das zu erkennen und die Konsequenzen in einer noch konzentrierteren Trainingsarbeit und dem Zurücknehmen der eigenen Person zu ziehen, wäre professionell und im Dienste der Mannschaft gewesen und nicht dieses Rumgeheule. Herr Löw ziehen sie es durch! Fußball ist ein Mannschaftssport und mit diesen egoistischen Selbstdarstellern wird diese auf Dauer nicht funktionieren.

  • JV
    Jens Vogt

    Ich möchte hier einen weiteren Namen ins Spiel bringen, Matthias Sammer. Herr Sammer passt ebenfalls in die Riege der "Menschenbenutzer", wie z.Zt. mit dem erfolgreichen U21 Trainer Dieter Eilts umspringt ist ohne Worte. Meines Erachtens hat die U21 in erster Linie Spieler an die A-Mannschaft zu führen, wenn Sie dabei auch noch erfolgreich ist umso besser. Bei Herrn Sammer steht aber der Erfolg an 1. Stelle, durch diese Erfolgsorientierung und Kurzsichtigkeit wird wird ein systematischer Aufbau frühzeitig zerstört. Darüber hinaus bevorzugt Herr Sammer ebenfalls Ja-Sager wie Herrn Hrubesch, Herr Eilts muss sich dieses Attribut nicht nach sagen lassen.

  • C
    Christian

    @Michael Klein

    " Hier geht es einzig und allein darum, verdiente Spieler, die in der Vergangenheit immenses für den deutschen Fussball geleistet haben (Rabenschwarze Tage und Formtiefs hat im Übrigen jeder, das ist bei uns auch nicht anders) sollen hier skrupellos kaltgestellt werden!

    "

    Gegenbeispiel: Das Festhalten an Klose, über das sich mancher auch schon gewundert hat.

     

    Und bei Kuranyi von erstklassigem Niveau über einen langen Zeitraum zu reden...Naja!

  • S
    SummerBreeze

    Mich wundert es, daß nicht schon früher Nationalspieler so reagiert haben, wie es in den letzten Wochen geschehen ist.

    Eher ein Randthema ist es eigentlich, daß ein Manager der deutschen Nationalmannschaft sich nicht wichtiger nehmen sollte, als er ist. Wenn sich ein Spieler mal kritisch öffentlich äußert, ist ein Bierhoff natürlich gleich zur Stelle um dieses zu kritisieren. Auf der anderen Seite äußert sich aber auch der Manager ständig zu Themen, die seinen Arbeitsbereich nun wirklich kein Stück betreffen.

    Dazu tappt ein Herr Bierhoff leider seit der WM 2006 ( z.B. Ticketstreit mit der FIFA für Angehörigenkarten beim Spiel gegen Schweden) in seinem Arbeitsbereich von einem Fettnapf in den nächsten, findet aber seine Arbeit anscheinend überdurchschnittlich gut. Fakt ist doch, daß Bierhoff einen Job übernommen hat, der nicht unanspruchsvoll ist und für den auch eine gewisse Erfahrung (oder sogar eine Ausbildung??) von Nöten sein sollte. Vielleicht wäre es besser gewesen, erst einmal klein anzufangen und Erfahrungen zu sammeln, bevor als Allwissender Manager der Nationalmannschaft spielt.

    Aber klar, wenn ich nicht ständig in der Öffentlichkeit stehe, bekomme ich auch keine Werbeverträge. (Nebenbei: Schon bei der WM haben ich und meine Freunde uns gewünscht, das das große Bierglas vor dem Brandenburger Tor aus der Werbung endlich umfällt und Ruhe ist.)

    Wenn ein Herr Löw dann immer wieder propagiert und dieses auch vor dem Russlandspiel wieder kundtut, es wird nach Leistung aufgestellt und man müsse im Verein spielen, dann kann man z.B. Kuranys Reaktion eher verstehen. Klar, Klose und Poldi schiessen Tore in der Nationalelf, und von daher hat der Trainer recht, diese aufzustellen. Nur müsste er es dann auch ganz klar sagen, daß es für manche Spieler Ausnahmen gibt.

    Und über das ewige "Selbst wenn Gomez bei der EM jedes Spiel grottenschlecht spielt und den Ball nicht mal aus 2 metern ins Tor bekommt so spielt er trotzdem und kein anderer" braucht man sich heutzutage auch nicht mehr aufregen, bringt ja nichts mehr.

    Nun müssen die Herren beim DFB halt erkennen, daß das ständige "Hier herrscht eine super Laune, wir verstehen uns alle superprächtig und überhaupt ist alles rosig hier" vielleicht doch nicht die beste Vorgehensweise ist bzw. war. Vielleicht hätte man auch einfach mal Herrn Bierhoff sagen sollen, daß es nicht seine Aufgabe ist, zu allem und jedem seinen Senf dazuzugeben, sondern daß manchmal Schweigen Gold ist und er Hotels buchen soll und einfach die Spielernamen auf Trikots drucken soll (was er am Ende ja auch gemacht hat - watum dann der Streit?).

    Ein wirklicher Zufall kann es meiner Meinung nach nicht sein, daß auf einmal so viele Spieler aufbegehren, da muss etwas im Argen liegen.

    Aber vielleicht sollten die Herren vom DFB einfach mal den Lilalaunebär für ein paar Monate engagieren, dann läuft alles wieder so, wie sie sich das vorstellen.

    Trotzdem wird wohl eine gewisse selbstkritische Betrachtung der eigenen Arbeitsleistung (wozu auch Menschenführung gehört) nicht zu erwarten sein . Schade.

  • H
    hnrx

    Entschuldigung, aber wenn da hier jeder von mangeldem Respekt Löws redet: Wo ist denn der Respekt von Ballack/Frings vor Schweinsteiger, Hitzlsperger, Trochowski, Marin, Rolfes, Özil, Jones, etc.

     

    Fakt ist doch, dass in Deutschland eine Menge exzellenter Mittelfeldspieler heranreifen. Da ist es in Hinblick auf die WM nur natürlich, dass Löw keine Stammplatzgarantien ausgibt (insbesondere für einen Spieler, der 2010 34 Jahre alt sein wird und seit 2 Jahren schon keine Klasse-Leistung mehr gebracht hat).

     

    Warum nehmen Ballack und Frings den Konkurrenzkampf an und versuchen durch Leistungen ihren Platz zu rechtfertigen?

  • M
    Mandarinenquark

    Bittere Pillen brechen vielen Spielern das Genick

     

    Wie heißt es denn so schön? Fußball ist ein Mannschaftssport und der Kapitän der Mannschaft sollte mitreden. Nicht so bei der Nationalmannschaft. Hier lautet die Devise: "Die Spieler müssen sich beugen und sich der Konkurrenzsituation stellen. So sagen z.B. Herr Beckenbauer: "Mund halten und besser kicken." Aber warum sollte das ein verdienter Spieler wie Herr Frings und Herr Ballack tun? Herr Frings spielt immer noch auf Top-Niveau, wie die Werte im "Kicker" zeigen. Ihn auf der Bank zu belassen, das war eine Demontage. Frings wurde so durch Herrn Löw von den Journalisten und in den Chatrooms zum Abschuss frei gegeben. Er ist kein Ja-Sager und sagt ehrlich seine Meinung. Ein Spieler mit Format, wie Herr Ballack. Da können keine Konkurrenten mithalten. Folgende Spieler wurden unter der Ära (Klinsmann)-Löw zum Abschuss freigegeben:

    1) Kahn, 2) Wörns, 3) Hildebrandt,4) Metzelder, 5)Lehmann, 6) Kuranyi

    Wer folgt noch, wer wird der Nächste nach Frings sein? Wer möchte so etwas erleben: "Loben und auf der Bank sitzen". Ein Herr Frings hat das sicherlich nicht nötig. Das erkennt auch ein kluger Mann wie Herr Ballack.

  • WV
    Willy Verdi

    Löw spricht viel über Komunikation, praktiziert sie aber nicht ausreichend.

    Wenn Spieler sich in den Medien äußern, ist das nicht zu kritisieren, sondern ein Recht auf Meinungsfreiheit; läßt aber auf mangelnde Komunikation seitens des Träners schließen.

    Löw ist leichter zu ersetzen als Ballack und wird früher zu denen gehören, die die Nationalmanschaft nicht mehr braucht.

  • RD
    Richard Detzer

    Schade, sehr schade. Offenbar macht sich eine Management-Riege (erkennbar an ihrem Wir-Gefühl) kaum noch Sorgen um die Spieler (Stichwort "Einzelschicksale"). Demokratie hat wieder gesiegt. Diese verkommen zur Manövrier-Masse, wie es die Menge der Erfolgsgaranten gerade haben will. Demokratie hat wieder gesiegt. Schade, sehr schade.

  • A
    Amando

    Ja, Ja der sympathische Herr Loew, wie der nette Nachbar von nebenan; nach aussen freundlich, immer ein schmieriges Laecheln auf den Lippen, hinter dem Ruecken aber knallhart und autoritaer....hinterfotzig wuerde man im suedlichsten Bundesland dazu sagen - solange er erfolgreich ist, wird man es ihm nachsehen, falls nicht, wird es ihm mit gleicher Muenze heimgezahlt werden!

  • MK
    Michael Klein

    Man muss kein Fussballprofi oder Fussballkenner sein, um zu erkennen dass Ballack mit seiner Kritik recht hat!

     

    Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her, und der Gestank geht eindeutig von Herrn Löw, in erster Linie von Herrn Bierhoff aus! Hier geht es einzig und allein darum, verdiente Spieler, die in der Vergangenheit immenses für den deutschen Fussball geleistet haben (Rabenschwarze Tage und Formtiefs hat im Übrigen jeder, das ist bei uns auch nicht anders) sollen hier skrupellos kaltgestellt werden!

    Wie überall herrscht auch hier die Devise "Benutzen und Wegwerfen!" Der Jugendwahn hält auch hier ungehindert Einzug!

    DAss junge Spieler auch eine Chance in der Deutschen Nationalmannschaft ihre Chance bekommen sollen, wenn sie wirklich gut sind, da lohnt es sich nicht darüber zu diskutieren! Wichtig ist aber auch, dass sie erstklassiges Niveau über einen langen Zeitraum zu halten! Ballack, Frings und Kuranyi haben dies getan, abgesehn von Formtiefs, rabenschwarzen Tagen und Sportverletzungen!

    Und im Übrigen! Wenn Spieler nicht mit Motivation bei der Sache sind, dann kann etwas nicht stimmen!

    Wenn Frings und Ballack wirklich das Handtuch schmeissen sollten, das wird sich über kurz oder lang bei der Deutschen Nationalmannschaft rächen!