Quereinstieg in den Bobsport: Sprint auf Eis

Leichtathletinnen sind im Bobsport begehrt. Deborah Levi will sich mit Beginn der Weltcup-Saison für die Winterspiele in Peking qualifizieren.

Bob im Eiskanal mit Deborah Levi und Laura Nolte

Sorgt für entsprechenden Anschub: Deborah Levi (hinten) mit ihrer Partnerin Laura Nolte Foto: Revierfoto/imago

Als Sprinterin hatte Deborah Levi die Kontrolle. Ein Schritt nach dem anderen auf ebener Bahn, den Zielstrich vor Augen, die Konkurrenz im Nacken oder im Blick. Mit Anfang 20 rannte sie die 100 Meter in weniger als 12 Sekunden. Das ist beachtlich. In der deutschen Leichtathletik gilt eine junge Athletin mit diesem Vermögen als großes Talent. Und im deutschen Bob-Sport als Juwel. Denn schnelle Frauen für die Position der Anschieberin sind Mangelware in dieser international so erfolgreichen Sparte des deutschen olympischen Wintersports.

Also hat Deborah Levi die Kontrolle abgegeben. Heute rennt die 24-Jährige auf Eis, gibt dem Zweierbob mit Laura Nolte mächtig Schub und muss sich dann darauf verlassen, dass ihre Pilotin sie schon sicher hinunterbringt. Das klappt gut. Die 22-jährige Nolte und Levi sind im letzten Winter Europameisterinnen, WM-Dritte und Junioren-Weltmeisterinnen geworden. Jüngst wurden sie von der Deutschen Sporthilfe als Juniorsportler-Mannschaft des Jahres ausgezeichnet.

Nun hat das Duo Olympia in Peking (4. bis 20. Februar) im Blick. Am Wochenende starten die Bobfahrer in Innsbruck in die Weltcupsaison, für die Frauen geht es am Samstag im Mono­bob auf die Bahn, am Sonntag gibt es ein erstes internationales Kräftemessen im Zweierbob. Nolte wird dabei von Leonie Fiebig angeschoben, für Levi geht es erst eine Woche später beim zweiten Weltcup in Innsbruck los. „Das hat mit der Trainingsperiodisierung für Peking zu tun“, erklärt die Frankfurterin, die beim SC Potsdam und beim BSC Winterberg trainiert. Acht Weltcups stehen im Vorfeld der Spiele für die Bob-Teams an, da muss mit den Kräften der Anschieberinnen gut gehaushaltet werden. Für Levi sind vier Einsätze geplant.

Neben Europameisterin Nolte, die in Peking wohl ihr Olympiadebüt geben wird, wollen dort auch Titelverteidigern Mariama Jamanka und die WM-Zweite Kim Kalicki brillieren. Sie alle müssen ihr China-Ticket im Weltcup noch endgültig sichern.

Debüt der schnellsten 100-Meter-Läuferin

Dabei wird Jamanka unter Umständen ebenfalls namhafte Unterstützung aus der Leichtathletik erhalten: Alexandra Burghardt, mit 11,01 Sekunden über 100 Meter aktuell Deutschlands schnellste Sprinterin, erklärte gegenüber „leichtathletik.de“, dass sie beim zweiten Weltcup in Innsbruck an der Seite von Jamanka ihr Debüt als Bob-Anschieberin geben wolle. Glückt die Zusammenarbeit der schnellsten Deutschen im Eiskanal mit der schnellsten Deutschen auf Tartan, wäre für Staffel-Olympia-Halbfinalistin Burghardt eine zweite Olympiateilnahme innerhalb von sechs Monaten denkbar.

Deborah Levi erinnert sich noch gut an ihr erstes Mal im Eiskanal: „Gerade bei den ersten Fahrten weiß man so gar nicht, wo man ist. Es rüttelt total, und man steigt unten aus und fragt sich, was gerade passiert ist.“ Inzwischen habe sich ihr Körper an die rasanten Abfahrten gewöhnt. „Ich verstehe jetzt schon besser, was meine Pilotin da jeweils gerade macht.“

Sie wurde 2018 bei den deutschen Jugend-Meisterschaften der Leichtathleten von einem Bob-Trainer angesprochen. Auch Burghardt wurde mehrfach gefragt, bevor sie sich dafür entschied. „Bei mir lief es in dem Jahr in der Leichtathletik nicht so gut, und ich dachte: Okay, mal was Neues wäre nicht schlecht“, erzählt Levi.

Eine Woche später absolvierte sie ihr erstes Anschubtraining mit Nolte, drei Monate später das erste Rennen – und knapp vier Jahre später soll nun die erste Olympia-Teilnahme folgen. Auf der neuen Bahn bei Peking haben die deutschen Bobfahrer zuletzt mit der versammelten Weltelite trainiert. Das Gute aus Sicht des jungen Duos Nolte/Levi: „Es gibt niemanden, der dort schon 1.000 Fahrten mehr hat als andere“, sagt Levi.

Und das Spannende: „Der Kreisel geht über 360 Grad, da ist man sehr lange drin, das kennen wir von den anderen Bahnen so gar nicht.“ Auch der Start sei ungewöhnlich. Am Anfang sehr gerade, und dann mit einem relativ steilen Gefälle ausgestattet. „Das sind neue Herausforderungen“, sagt Levi. Aber das mag sie ja.

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