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„Querdenker“-Bewegung radikalisiert sichEskalation als Zeichen der Schwäche

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die „Querdenker“-Bewegung ist nicht so stark, wie es im Chaos am 1. August für viele den Anschein hatte. Die nächste Großdemonstration ist abgesagt.

Polizei und De­mons­tran­t:in­nen der Querdenker-Bewegung am 1. August in Berlin Foto: dpa/Fabian Sommer

D er „Sommer der Freiheit“ endete am vergangenen Sonntag (1. August) für etwa 1.000 „Quer­den­ke­r*in­nen“ in Gewahrsam. Wegen der Teilnahme an verbotenen Versammlungen und aufgrund von Verstößen gegen den Infektionsschutz, aber auch wegen des Verdachts des Widerstands und des tätlichen Angriffs wird nun gegen sie ermittelt. An den zahlreichen Versammlungen hatten sich über den ganzen Tag etwa 5.000 De­mons­tran­t*in­nen beteiligt.

Vor genau einem Jahr waren es noch sechsmal so viele – geblieben ist der Bewegung damit nur noch der Kern ihrer Anhänger*innen. Ein Kern allerdings, der trotz der überwiegend bürgerlichen Herkunft zu vielem bereit ist.

Die vielen vor allem süddeutschen Aus­flüg­le­r*in­nen mit Tagesrucksack – 60 Prozent der festgenommenen stammten nicht aus Berlin – interessiert weder, ob Demonstrationen verboten sind oder sich ihnen die Polizei in den Weg stellt. Sie stören sich nicht an den internen Querelen und Machtkämpfen bei „Querdenken“, nicht an Reichsbürgervorwürfen gegen deren Gründer Michael Ballweg oder vermeintlicher Veruntreuung von Spenden.

Verblendet nach mehr als einem Jahr Dauerbeschallung durch Szenemedien und Telegramkanäle ist die Überzeugung herangewachsen, Frei­heits­kämp­fe­r*in zu sein. Coronamaßnahmen spielen dabei inhaltlich kaum mehr eine Rolle, es geht gegen („Zwangs-“)Impfungen, gegen die „neue SA“ oder „Gestapo“ (Polizei) und die „Diktatur“ (Regierung). Vergeltungsfantasien gegen Geg­ne­r*in­nen finden über die Kanäle massenhafte Verbreitung.

Voller Hass, voller Verachtung

Radikal ist die Bewegung längst auch ohne organisierte Rechtsextreme, die zuletzt kein bedeutender Teil mehr waren. Die Rufe nach „Liebe“ und „Frieden“ stecken voller Hass, voller Verachtung für das demokratische System.

Die Eskalation vom Sonntag war von „Querdenken“ genauso geplant. Versammlungsverbote wurden durch die Ankündigung, sich an Auflagen nicht zu halten, regelrecht gesucht. Mit möglichst viel spontanen und auch gewaltsamen Aktionen sollte maximale Aufmerksamkeit für eine Bewegung geschaffen werden, deren Bedeutung schwindet und der es nicht mehr gelingt, neue Mitstreiter zu gewinnen.

Dass es soweit kommen konnte, ist auch der Polizei anzulasten

Dass es soweit kommen konnte, ist auch der Polizei anzulasten. Zumindest als sich am Morgen die erste Menge in Charlottenburg sammelte, war sie nicht mit ausreichend Kräften vor Ort, um ein Überrennen zu verhindern. Gegen die zersplitterten Gruppen, die später ständig mobil waren, war dagegen kaum etwas zu machen.

Dass dem Sonntag, entgegen der Ankündigung von Ballweg auch in der Woche weiterzudemonstrieren, nichts folgte, zeigt auch, dass die Bewegung nicht mehr so stark ist, wie es im Chaos für viele schien. Dafür spricht auch die Absage der nächsten Großdemonstration am 29. August. Womöglich bleibt der Rest des Sommer frei – von „Querdenken“.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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2 Kommentare

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  • Vielen Dank für das konsequente In-Klammern-Setzen von "Querdenken".

    Schade, dass mal wieder ein eigentlich positiv konnotierter Begriff so gelitten hat.

  • Schublade auf, Schublade zu.



    Diese Berichterstattung erinnert mit an damals, -an Gorleben in den 70gern, so hat damals die Bildzeitung von uns geschrieben. Lang ist es her.



    Und hier erkenne ich viel wieder, na sowas.