Queeres Projekt: Haus am Ende des Regenbogens
Eine Initiative will im bisherigen taz-Haus ein queeres Geschichts- und Bildungszentrum einrichten – und auf dem benachbarten Grundstück neu bauen.
Das Kürzel klingt wie eine chemische Formel für die Zusammensetzung eines Moleküls: „E2H“ nennen die Macherinnen und Macher der „Initiative Queer Nations“ ihr Vorhaben, ein queeres Geschichts- und Bildungshaus in Berlin zu schaffen. Das „Elberskirchen-Hirschfeld-Haus“ – kurz E2H – erinnert an die feministische Sexualreformerin Johanna Elberskirchen und an Magnus Hirschfeld, Mitbegründer der Homosexuellenbewegung.
Und es soll tatsächlich so etwas wie die Zusammensetzung einzelner Teile sein: Archive, Museen und Bildungsträger aus dem queeren Bereich, die bisher auf die Stadt verteilt sind, werden an einem zentralen Ort versammelt und dadurch sichtbarer, so die Idee.
Ein passendes Haus hat die Initiative bereits ausgemacht: Am besten würde sich das taz-Haus in der Rudi-Dutschke-Straße für ihr Projekt eignen, sagten VertreterInnen von Queer Nations am Montag bei einem Pressegespräch. Die taz zieht voraussichtlich in einem Jahr in ihren Neubau an der Friedrichstraße (siehe Kasten), das alte Haus soll dann vermietet werden. Viele wollen sich an dem neuen queeren Zentrum beteiligen: das Lesbenarchiv Spinnboden, das feministische Archiv FFBIZ, die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, das Schwule Museum* und andere. Noch im Sommer soll eine Genossenschaft gegründet werden. „Dann sind wir unter einem Dach, bleiben aber selbstständig“, erläuterte Sabine Balke von Queer Nations.
Weil das bisherige taz-Haus für die vielen beteiligten Gruppen nicht ausreicht, soll die Genossenschaft auf dem benachbarten Grundstück bis 2023 einen Neubau errichten, in dem das Schwule Museum* unterkommen könnte. Mit dem Bezirk, dem das Grundstück gehöre, habe es bereits erste Gespräche gegeben, heißt es. Insgesamt stünden dann zirka 6.000 Quadratmeter für die queeren Gruppen zur Verfügung. Die Investitionskosten schätzt die Initiative auf rund 20 Millionen Euro.
Schon lange passen Redaktion und Verlag nicht mehr in das bisherige taz-Haus in der Rudi-Dutschke-Straße. Die taz-Genossenschaft baut deshalb ein neues Haus – auch als Absicherung der Zeitung für die Zukunft.
Im Oktober 2013 entschied der Liegenschaftsfonds, ein Grundstück an der südlichen Friedrichstraße direkt an die taz zu vergeben. Beim Architektenwettbewerb setzte sich das Züricher Architekturbüro E2A von Piet Eckert und Wim Eckert durch.
2015 wurden die Bäume gefällt und der Parkplatz beseitigt. Die Bauarbeiten begannen. Der Baugrund erwies sich als schwieriger als gedacht. Im September 2016 war die Baugrube schließlich fertig, der Grundstein wurde gelegt.
Seitdem wächst das Gebäude in die Höhe. Inzwischen steht der Rohbau, am kommenden Freitag feiert die taz Richtfest – allerdings nur mit geladenen Gästen. Aber keine Frage: Die Eröffnung wird richtig gefeiert. (taz)
Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), wollte sich am Montag nicht auf die Schnelle zu dem Grundstück äußern. Auch bei der taz-Geschäftsführung gab man sich zurückhaltend. „Inhaltlich fänden wir diese Nachnutzung unseres Hauses ganz toll“, sagt Geschäftsführer Kalle Ruch. Die taz ziehe aber bereits 2018 aus, eine finanzielle Hängepartie könne sie sich nicht leisten. Sein Kollege Andi Bull betonte: „Uns geht es darum, den taz-Journalismus zu sichern. Dafür brauchen wir stabile Einnahmen.“ Es hätten sich auch andere Bewerber gemeldet, die ebenfalls gut zur taz passen würden.
Auch unter den TeilnehmerInnen des Projekts gibt es noch Gesprächsbedarf. VertreterInnen des Schwulen Museums* sind nicht überzeugt von der Idee, eine Genossenschaft zu gründen. „Wir finden das Projekt spannend. Aber wir alle wollen ein großes Maß an Eigenständigkeit, vor allem bei wirtschaftlichen Entscheidungen“, sagte Birgit Bosold vom Vorstand des Museums.
Geht es nach der Initiative, dann eröffnet das taz-Haus im neuen queeren Gewand noch 2019. Das wäre geschichtsträchtig: 100 Jahre zuvor hatte Magnus Hirschfeld sein Institut für Sexualwissenschaft gegründet, das die Nazis später zerstörten. Sabine Balke sagte: „Wir wollen an das Institut anknüpfen und es in anderer Form aufleben lassen.“
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