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Q-Cells-Krise ist nur zum Teil hausgemachtBedingt überlebensfähig

Am Ende ging der Bitterfelder Fotovoltaikhersteller wegen eines dämlichen Managementfehlers in die Insolvenz. Die Probleme gingen allerdings schon früher los.

Trotz Insolvenz soll es für Q-Cells weitergehen. Bild: dpa

BERLIN taz | Q-Cells stellt Insolvenzantrag. Die schlichte Nachricht, die am Montag um 14.23 Uhr erstmals über die Nachrichtenticker lief, hat für die Solarindustrie in Deutschland eine Symbolkraft wie es eine Pleite von Daimler oder BMW für den Automobilbau hätte. Aber: Die Insolvenz bedeutet nicht das Ende der Firma.

„Q-Cells kann nun ohne Stress zusammen mit einem Interessenten einen Neuanfang starten“, so Matthias Fawer, Leiter der Abteilung für nachhaltiges Investment bei der Schweizer Bank Sarasin. Das Unternehmen selbst wollte gestern keine Angaben zu den weiteren Plänen machen. „Wir werden alles daransetzen, eine Fortführung zu schaffen“, so eine Sprecherin.

Sicher ist: Die Produktion an den Standorten in Bitterfeld mit 1.300 MitarbeiterInnen und Malaysia mit 500 Beschäftigten geht vorerst weiter. Wo entlassen wird, wollte Q-Cells nicht sagen. Am Dienstag wird der Insolvenzverwalter bestellt, das Management bleibt.

Denn die Insolvenz sei, sagt der Gläubigeranwalt Peter Dreier, im Interesse eben jenes Managements. „Die versuchen, ihr Glück in der Insolvenz zu suchen und ihr Konzept durchzuboxen: Die Gläubiger sollen auf ihr Geld verzichten, das war vorher juristisch nicht möglich.“

„Wandelanleihe“ von fast 500 Millionen

Bisher versuchte das Management eine Insolvenz in Eigenregie: Die Firma sollte entschuldet werden, indem die Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten – und im Gegenzug Q-Cells-Anteile erhalten, also Miteigentümer werden. Erst im Februar war eine „Wandelanleihe“ in Höhe von fast 500 Millionen Euro fällig geworden. Weil Q-Cells keine neuen Geldgeber fand, um die alten auszuzahlen, wäre es eigentlich bereits insolvent gewesen.

Allerdings einigte man sich auf eine Stundung der Schulden bis Ende April. Der Plan: Nach dem deutschen Schuldverschreibungsgesetz kann seit 2009 eine Minderheit von Gläubigern überstimmt werden, wenn sie sich einem Entschuldungsplan verweigern, den eine Mehrheit akzeptiert.

Allerdings stammte die fällige Anleihe aus einer Zeit, bevor das Gesetz in Kraft trat, weshalb es unwirksam ist. Das entschied vergangene Woche das Oberlandesgericht Frankfurt in einem anderen Fall. Da die Sachlage bei Q-Cells die gleiche ist und auch das gleiche Gericht zuständig ist, war das Sanierungskonzept gescheitert – weil stets die Gefahr herrscht, dass trotz einer Einigung einzelne Gläubiger ausscheren und eine Rückzahlung ihrer Anleihe einfordern.

Exzellente Forschung

Die eigentliche Ursache der Q-Cells-Probleme liegen in der Vergangenheit. „Durch hohe Gewinne hat die Branche eine gewisse Trägheit entwickelt. Sie haben viel Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt – aber verkannt, dass Kosteneffizienz das Wichtigste gewesen wäre“, sagt Fawer.

So gilt die Q-Cells-Forschung weiterhin als exzellent – aber chinesische Hersteller haben größere Fabriken, produzieren höhere Stückzahlen und erzielen so niedrigere Preise. Allerdings leiden auch Hersteller in den USA und China unter der globalen Überproduktion. „Momentan geht es für die Unternehmen ums Überleben“, sagt Fawer, „das Klima ist extrem innovationsfeindlich.“ Es zählt nicht Klasse, sondern Masse.

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3 Kommentare

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  • Y
    yberg

    der insolvenzrichter hat die weitere ausplünderung von Q-cells durch vorstand und berater gestoppt und die insolvenz in eigenverwaltung untersagt und nicht auf den vom unternehmen vorgeschlagenen insolvenzverwalter zurückgegriffen.

     

    nun kann der eingesetzte insovenzverwalter ja mal kucken,was von den zig millionen an vorstands -und beraterhonoraren zurückzuholen ist.

     

    ebenso kann er sich gedanken darüber machen warum ein vorstand,NEDIM CEN,der in 2011 fast soviel verlust wie umsatz verantwortet-0,85 MRD zu 1 MRD-ne MILLION verdient und zusätzlich boni in höhe von 0,7 MIO erhält und vor allem von wem genehmigt für welche sanierungsziele und schritte.

     

    am besten er holt gleich die staatsanwaltschaft,die kann ihmm sicherlich dabei helfen diese posse aus 1000 und dauerohnmacht aufzuklären.

     

    daß der thüringer wirtschaftsminister MACHNIG glaubt,daß mit weiteren subventionen dem unternehmen geholfen werden könne,adelt ihn zum SPD kanzlerkandidaten

     

     

    die arbeitskräfte von Q-cells waren nur staffage für ihre gierigen abzockenden vorstände und aufsichtsräte,die wiederum auch ihren vetterchen das unternehmen zur selbstbedienung vorwarfen.

     

    arbeitnehmer,aktionäre,anleihegläubiger,lieferanten und kunden-nix garantie-zahlen die milliardenenpleite,nur weil die zig millionen teuren rechtsberater von freshfield und hengeler müller schlauer sein wollten als die gerichte.

     

    nun der insolvenzberater wird die winkeladvokaten sicher erinnern,daß sie eine berufshaftplicht haben,die bei falschberatung einzuspringen hat.

     

    firmenpleiten pflastern ihren weg...

  • Y
    yberg

    als gläubiger der insgesamt 492,5 mio wandelanleihe WKN A0LMY6

    ausgabetag 28.02.07 stückelung 100 000 euro habe ich am 27.02.12 in der jahrhunderthalle höchst mit einer anleihe 100 T an der gläubigerversammlung teilgenommen und einen völlig inkompeten vorstand erlebt,der nicht in der lage war,die situation des unternehmens selbst in stärken schwächen,der märkte als auch der finanziellen situation des unternehmens selbst geordnet und strukturiert darszustellen.

     

    es wurdem lediglich die üblichen berater worthülsen abgespielt,absichten,hoffnungen und aus der sicht des vorstands das einzige alternativlose szenario vorgetragen.

     

    da ich bereits eine nichtigkeitsklage in frankfurt eingereicht hatte und in einem gleich gelagerten fall den richterlichen hinweis des olg frankfurt kannte,der besagte,daß das die art anleihen nach holländischem recht nicht unter das neue deutsche schuldbereinigungsgesetz fallen,trug ich dies vor und erntete seitens eines großkotzigen vorstands nur häme und besserwisserei und mit hinweis auf irgendwelche teuer eingekauften gefälligkeitsgutachten abgehalfterter BGH richter und bezahlter rechtsprofessoren nachhilfe.

     

    wenn man weiß,daß die mit millionengehälter alimentierten verantwortlichen noch in 2010 und 2011 die

    1.

    warnzeichen im absatz ignorierten

    2.

    anleihen im dreistelligen millionenbereich überteuert aufkauften

    3.

    einen 50 millionen werbevertrag mit dortmund abschlossen,laufzeit fünf jahre

    4.

    mit schenker einen 25 000 qm miet und servicevertrag neu anbschlossen

    5.

    beraterkosten in zweistelliger millionenhöhe für das falsche sanierungskonzept raushauten

    6.

    glaubten,daß anleihen in höhe von 0,88 milliarden als zukünftiges eigenkapital eingesetzt werden könnten

    7.

    öffentliche banken auf forderungen verzichten

    8.

    der laufende betrieb monatlich 20 mio nasse produziert

     

    fragt man sich,wie die klippschüler auf die idee kamen,dem markt ein schnippchen schlagen zu wollen.

     

    die selbstverursachte und nun selbstverwaltete pleite kann von der bestehenden truppe nicht kompetent verwaltet werden,da diese schon bei schönwetter die bude an die wand gefahren hat.

     

    das ist kein fall für unsre solidarität sondern ein fall für den staatsanwalt,der der selbstbedienung und mittelverwendung mal auf den zahn spüren sollte

     

    im übrigen alle die lauthals nach schutzzöllen krakehlen,sollten wissen,daß wir unsre autobauer mit milliarden subventioniert haben und die EZB auch an autobanken vor kurzem dreijährige 1% mittel ausgekehrt hat.

  • G
    Gerold

    Nicht das Klima ist innovationsfeindlich, sondern unsere deutsche und europäische Politik, welche die tatsächlichen Leistungsträger grob fahrlässig vor die Hunde gehen lässt.

    Ist die EU nicht einmal in der Lage, Zölle auf asiatische Schleuderware zu erheben?

     

    Öffentliche Mittel werden ja lieber in sinnlose Prestigeobjekte und zur Bankenrettung versenkt, um den Rest der Produktivität endgültig zu versenken.