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Letztlich war es nicht die Perspektive das die Ukraine der NATO beitreten würde sondern der EU und damit der Eurasischen Wirtschaftsunion verloren gehen würde.
Russland ist wirtschaftlich außer in natürlichen Rohstoffen nicht konkurrenzfähig. Hätte es keine Nuklearwaffen und würde militärisch Osteuropa bedrohen würde seiner Politik die Aufmerksamkeit geschenkt die Nigeria bekommt.
Darüber hinaus hat Putin Angst vor der EU, trotz all ihrer Schwächen versucht sie ihren Bürgern ein besseres Leben zu ermöglichen. Da kann Putin nicht mithalten, würde die Ukraine oder Weißrussland der EU beitreten würden Russen durch dortige Menschen und Medien mehr Einblick in den Westen kriegen das würde das Informationsmonopoly Putins untergraben und sein Regime schwächen.
Das neue Sicherheitskonzept ist der letzte Beweis dafür, dass Putin den Bezug zur Realität verloren hat, was u.a. Angela Merkel bereits festgestellt hatte. Das Konzept klingt so absurd und antiquiert aus der sowjetischen Mottenkiste, in welcher KGB-Dinos wie Putin nun mal leben.
Putins Kleptokratie hat keinerlei Exit-Strategie, beim Machtwechesel droht Strafverfolgung. Daher muss das Regime Demokratisierung und andere westliche Einflüsse im Zweifel bis zur letzten Patronenhülse abwehren. Langsam, aber sicher senkt sich wieder ein eiserner Vorhang über Russland. Versteht sich von selbst, dass am Ende dieser Enwicklung ein Szenario droht, das auch die Sowjetunion erlebt hat, nämlich der Staatszerfall.
Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.
Putins Strategiepapier: Vom Westen dauerhaft bedroht
Nicht zuletzt als Abgrenzung zum Westen hält Moskau am Vertrauten fest. Persönliche Freiheiten und Freizügigkeit stehen nicht auf Putins Agenda.
Putin bleibt sich selbst treu mit dem Strategiepapier gegen die Verwestlichung Foto: Alexei Nikolsky/via ap
Wladimir Putin legte ein neues Sicherheitskonzept vor. Das letzte stammte aus dem Jahr 2015. Viel hat sich seither nicht verändert. Klar ist jedoch: der Westen bleibt in der Wahrnehmung des Kreml eine Bedrohung. „Die Verwestlichung der Kultur verstärkt die Gefahr, dass die Russische Föderation ihre kulturelle Souveränität verliert“, steht in Putins 44 Seiten umfassendem Strategiepapier. Russlands traditionelle geistig-moralische Werte werden vom Westen „aktiven Angriffen“ ausgesetzt, behauptet das Pamphlet.
Es klingt etwas abenteuerlich, da Russland durch ständige Störmanöver auf der Weltbühne um maximale Aufmerksamkeit buhlt. Täte es das nicht, würde es weniger wahrgenommen. Das würde das russische Selbstverständnis indes nicht ertragen. Russland fühlt sich seit Jahrhunderten bedroht. Im 19. Jahrhundert spielte sich der Konflikt im Inneren des Zarenreiches als Kampf zwischen beharrenden Kräften des Slawophilentums und auf Modernisierung setzenden Westlern ab.
Diese Auseinandersetzung wirkt auch heute scheinbar weiter. Obwohl der Kreml die Konzepte der „nachholenden Modernisierung“ aufgegeben und sich mit gesellschaftlicher „Rückständigkeit“ abgefunden hat. Wer ins Hintertreffen gerät, reagiert oft aufgebracht und aggressiv. Persönliche Freiheiten werden in Moskau als Bedrohung gewertet, Freizügigkeit gilt nicht selten als Sittenlosigkeit.
Forderungen der Opposition nach politischer Beteiligung vor den Dumawahlen im September fallen unter Extremismusverdacht. Die Auseinandersetzung zwischen dem vermeintlich traditionellen „russischen Sonderweg“ und dem Westlertum, der wie seit 200 Jahren in der neuen Strategie anklingt, ist nur vorgeschoben. Auch EU und USA bedrohen Moskaus Überlebensstrategie mit Hilfe fossiler Brennstoffe zurzeit nicht.
Russland geht es nicht um Fortschritt oder neue ökonomische und zivile Perspektiven. Es fürchtet Veränderungen. Jede Neuerung schürt die Angst vor Verwerfungen. Die Vergütungsmethoden innerhalb der Nomenklatura könnten durcheinandergeraten. Daher vermeidet Moskau grundsätzlich lieber Innovationen. Ablehnung des Westens, Bedrohung aus dem Ausland, Verwestlichung der Kultur sind nur Girlanden eines Systems, das sich einer Erneuerung verweigert.
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Kommentar von
Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.
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