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Putin wird Hilfssheriff

Atomabrüstungsvertrag zwischen Russland und USA unterzeichnet. Moskau beugt sich dem amerikanischen Druck: Abgerüstete Sprengköpfe werden nicht zerstört, sondern eingemottet

BERLIN taz ■ Schon wieder Historie: Wie vor Wochen angekündigt haben US-Präsident George W. Bush und Russlands Präsident Wladimir Putin gestern in Moskau einen Abrüstungsvertrag unterzeichnet, mit dem beide Staaten die Zahl ihrer atomaren Sprengköpfe um zwei Drittel reduzieren. Das Arsenal der strategischen Waffen aus den Zeiten des Kalten Krieges wird damit deutlich abgebaut. Allerdings haben sich die USA mit ihrer Forderung durchgesetzt, die Sprengköpfe nicht verschrotten zu müssen, sondern als „aktive Reserve“ einlagern zu können. Schon jetzt sieht sich Putin wachsender Kritik der russischen Generäle gegenüber, er gebe den Forderungen der USA viel zu schnell nach.

Im taz-Interview warnt die Wissenschaftlerin Corinna Hauswedell vom Bonn International Center for Conversion, das Abkommen lasse die Kontrolle und Sicherheit des vorhandenen militärisch nutzbaren Nuklearmaterials komplett außen vor. Russland brauche aber dringend finanzielle Hilfen, um die Sicherheit der nuklearen Lagerstätten zu verbessern und zu verhindern, dass Massenvernichtungswaffen in die Hände politischer Desperados gelangen.

Das Abkommen soll nicht zuletzt ein neues Verhältnis der ehemaligen Feinde des Kalten Krieges dokumentieren – ob es jedoch eine neue Freundschaft ist, die da gefeiert werden kann, oder die endgültige Degradierung der ehemaligen östlichen Supermacht zum Anhängsel der USA im Anti-Terror-Kampf, bleibt zumindest umstritten. Zum Spannungsfeld der bilateralen Beziehungen, aber womöglich auch zur Zerreißprobe zwischen Putin und den Militärs, könnte nicht zuletzt die erklärte strategische Absicht der US-Regierung werden, eigene Truppen auch längerfristig in den zentralasiatischen Republiken zu belassen. PKT

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