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Pumpspeicherwerk im SchwarzwaldDer Markt hat gesprochen

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Die Wirtschaftlichkeit des Projektes Atdorf im Südschwarzwald ist fraglich. Nachweinen muss man der Betonphantasie jedoch nicht.

D ie Gegner des Pumpspeicherwerks Atdorf frohlocken bereits - das Projekt der Schluchseewerk AG im Südschwarzwald droht zu scheitern, seine Wirtschaftlichkeit ist fraglich. Nachweinen müsst man dem Projekt aber nicht, denn sein Bau wäre ein massiver Eingriff in die Landschaft.

Anders als etwa der Schluchsee, der sich aufgrund seiner naturnahen Gestaltung trotz seiner Funktion als Pumpspeicher zu einer touristischen Attraktion entwickelt hat, wäre das Projekt Atdorf eine Industrieanlage - in die Landschaft betoniert und komplett abgesperrt.

Angesichts dieses Eingriffs in die Natur sollte man Speichertechniken den Vorzug geben, die mit bestehender Infrastruktur auskommen. Prädestiniert: die Gasnetze. Denn mit Überschusstrom kann problemlos Wasserstoff erzeugt werden, der sich bis zum Gehalt von fünf Prozent ins Erdgasnetz einspeisen lässt. Setzt diese Technik sich durch, ist Atdorf eine Milliardenruine.

Zudem droht dem Pumpspeicher Konkurrenz durch industrielle Smart Grids: Wenn Fabriken beginnen, ihre Produktion wo immer möglich am Strommarkt zu orientieren, nivellieren sie die Strompreise.

Bild: taz
Bernward Janzing

ist Autor der taz. Im Handel erhältlich ist sein Buch „Solare Zeiten“ (Picea Verlag, 192 Seiten, 24 Euro).

Ein Pumpspeicherwerk aber lebt von Preisunterschieden: Pumpen mit Billigstrom, Erzeugung in Hochpreisphasen. Aus diesem Grund tut auch die Photovoltaik dem Projekt Atdorf ziemlich weh, wie der Spotmarkt der Strombörse, Bezugstermin gestriger Mittwoch, exemplarisch zeigt: Tagstrom war nur noch gut einen halben Cent je Kilowattstunde teurer als Nachtstrom, weil am Mittag 15.000 Megawatt Solarstrom ins Netz flossen.

Pumpen lohnt sich da nicht mehr. All das wissen die Atdorf-Investoren EnBW und RWE natürlich genau. Schon formuliert ein Vorstand der Schluchseewerke AG, es müßten "Lösungen gefunden werden". Das klingt nun wie ein Ruf nach staatlicher Unterstützung - für ein Projekt, das der Markt offenkundig nicht braucht.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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4 Kommentare

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  • H
    Hauck

    so einfach ist das nicht !!!

     

    ein Pumpspeicher hat einen 'Über-alles' Wirkungsgrad (der sogenannte Kreislaufwirkungsgrad) von ca. 90 %, d.h. 90 % des Stroms, den ich reinstecke, kriege ich auch wieder raus.

    Die Umwandlung von Windstrom in Wasserstoff mittels Elektrolyseur und Rückverstromung über ein Gaskraftwerk bringt es gerade mal auf 30%, wenn ich dann zur Einspeisung größerer Gasmengen den Wasserstoff auch noch 'methanisieren' muss, lande ich bei einem Kreislaufwirkungsgrad von jämmerlichen 20%.

     

    Was heißt das ?

     

    Um über die 'Power to Gas' - Route eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten, muss ich ohnehin teuren EEG-Strom (z.B. Offshore Wind, der 250 € / MWh kostet, das ist das 5-fache des derzeitigen Marktpreises) mit einem desaströsen Wirkungsgrad von 20 - 30% speichern und rückverstromen. Die somit erzeilte Veredelung einer wenig wertvollen dargebotsabhängigen in eine bedarfsgerechte Lieferung kostet mich 250 / 0,2 ... 0,3 = 830 bis 1250 € / MWh, das ist das 17 - 25-fache des Strompreises von Pumpspeicherkraftwerken - wenn wir sie denn bauen würden.

     

    Ist das sinnvoll ?

    Können und wollen wir uns als exportorientierte (Noch-) Industrienation das leisten ?

  • PS
    Peter S.

    Janzing ist ein Mietm...l der in Deutschland gerade von der Bildfläche verschwindenden PV-Sondermüll-Industrie. Ohne staatlich verordnete Zwangsgebühren für diesen Sondermüll hätte die PV keine Chance am Markt gehabt, subventionsfreie Pumpspeicherkraftwerke auf jeden Fall. Dass Janzing das Wort Markt in den Mund nimmt, ist ein Witz.

     

    Dass Janzing auf die Wasserstofferzeugung abhebt, zeigt, dass er keinerlei Ahnung vom Thema hat. Diese Anlagen gibt es erst als Prototypen und als letztes Jahr mit großem Brimborium solch eine Versuchsanlage in Betrieb genommen wurde, wurde natürlich gleich nach Subventionen geschrieen (indirekt natürlich).

     

    Fassen wir zusammen:

     

    PV-nicht wirtschaftlich,

    Speicher allgemein-nicht wirtschaftlich,

     

    diese Energiewende wird, wie jedes sozialistische Experiment, scheitern.

  • H
    Hauck

    so einfach ist das nicht !!!

     

    ein Pumpspeicher hat einen 'Über-alles' Wirkungsgrad (der sogenannte Kreislaufwirkungsgrad) von ca. 90 %, d.h. 90 % des Stroms, den ich reinstecke, kriege ich auch wieder raus.

    Die Umwandlung von Windstrom in Wasserstoff mittels Elektrolyseur und Rückverstromung über ein Gaskraftwerk bringt es gerade mal auf 30%, wenn ich dann zur Einspeisung größerer Gasmengen den Wasserstoff auch noch 'methanisieren' muss, lande ich bei einem Kreislaufwirkungsgrad von jämmerlichen 20%.

     

    Was heißt das ?

     

    Um über die 'Power to Gas' - Route eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten, muss ich ohnehin teuren EEG-Strom (z.B. Offshore Wind, der 250 € / MWh kostet, das ist das 5-fache des derzeitigen Marktpreises) mit einem desaströsen Wirkungsgrad von 20 - 30% speichern und rückverstromen. Die somit erzeilte Veredelung einer wenig wertvollen dargebotsabhängigen in eine bedarfsgerechte Lieferung kostet mich 250 / 0,2 ... 0,3 = 830 bis 1250 € / MWh, das ist das 17 - 25-fache des Strompreises von Pumpspeicherkraftwerken - wenn wir sie denn bauen würden.

     

    Ist das sinnvoll ?

    Können und wollen wir uns als exportorientierte (Noch-) Industrienation das leisten ?

  • TT
    Thomas Thiele

    Meine Einschätzung ist, dass in der Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

    Pufferkapazitäten sind ebenso notwendig wie flexible GuD-Kraftwerke. Beide haben offensichtlich das Problem, dass sie derzeit sich nicht rechnen.

    Das liegt daran, dass derzeit ausschießlich nach der Wirtschaftlichkeit und dem Preis geschaut wird.

    Der Aspekt Redundanz bzw. Netzsicherheit und Stromqualität (u.a Frequenz-Problematik) ist dabei völlig aussen vor.

    Märkte, an denen die Preise entstehen, sind flexibel und schnell - aber wie schnell sind Puffer- und Kraftwerkkapazitäten aufgebaut, wenn der Markt sich schlagartig anders entwickelt, weil evtl. die europäischen Nachbarn bei Netzengpässen eben mal nicht mehr fähig oder gewillt sind, Strom über ihre Netz einzuspeisen oder umzuleiten?

    Dann dauert's halt 5-10 Jahre bis ein Pumpspeicherkraftwerk oder ein GuD-Kraftwerk hingestellt wird, und bis dahin lebt man einfach mit entsprechenden Blackouts und stattlichen Zwangsmaßnahmen.

     

    Redundanz ist im bisherigen Stromnetz gang und gäbe - was letztendlich der Grund für unsere geringen Unterbrechungszeiten (Stromausfälle) ist. So ist z.B. in einem Umspannwerk die Trafoanzahl bzw. -kapazität so gewählt, das bei Ausfall einer Komponente, die anderen Trafos die ausgefallene Einheit ersetzen können (n-1-Kriterium).

     

    Unsere Netz werden durch die Energiewende eine unbekannte Komplexität bei der Steuerung erreichen, die schon schwer genug durch die Technik abgefangen werden kann, aber wenn dann noch die Politik mit dazu kommt und immer nur auf den Preisen rumhackt, fragt man sich wirklich, wie man da zukünftig noch vernünftig Netze planen - und auch bauen - will.

     

    Die neue anstehende Lastabwurf-Verordnung, nach der große Stromverbraucher (Aluminiumhütten etc.) bei Abschaltung ihrer Produktion - Netzentgelt erhöhende - Millionen-Vergütungen erhalten, die der Verbraucher über seinen Strompreis am Ende der Kette dann bezahlt, ist da mindestens ebenso diskussionswürdig.

     

     

    Bei der ganzen derzeitigen Strompreis- und Energiepolitik-Diskussion werden die damit verbundenen technischen Probleme völlig ausgeblendet - Klar! Das interessiert den Verbraucher ja auch nicht! Erst wenn dann ein flächendeckender Blackout oder mehrere auftreten, kommt das große Gezeter auf, warum es denn so weit kam, warum in der Vergangeheit nichts gemacht wurde, und was denn jetzt konkret getan wird.

     

    Mein Fazit:

    Vermutlich ist das jetzt einfach der Paradigmenwechsel, dem man sich - selbst bei eigener, bestehender technischer Weitsicht - beim Thema "Zukunft der Energieversorgung" unterordnen muss. Das Thema "Energie" ist politischer geworden seit dem EnWG(2005), also wird man auch die Probleme auf "politische" Weise lösen: Man tut erst dann etwas, wenn die Probleme (Blackouts, Frequenzqualität, unerwünschte Abschaltungen) konkret da sind, d.h. wenn die Masse aufschreit - mit möglicherweise entsprechenden time-lags.

    Vernünftige Netzsteuerung sieht anders aus!

    Politik- und Ingenieur-Denken haben bislang selten zusammengepasst!

     

    Wenn wir sichere Netze haben wollen (Wenn das überhaupt von der Politik gewünscht ist?), sollten die Ingenieure mit konkreten Planungen (auch "smart grids" brauchen ihre Zeit - Wo gibt's schon welche, die bei vergleichbarer Komplexität tatsächlich funktionieren?) vor der Politik kommen. Die Planungen sind z.B. durch Bürgerbeteiligungen schon für sich komplex genug geworden.