Pudding mit Gabel essen: Gemeinsam gegen die Einsamkeit
Pudding mit Gabel Essen ist ein viraler Tiktok-Trend. Nun hat er Berlin erreicht: Tausend Menschen trafen sich im James-Simon-Park zum Schlabbern.
Hunderte Gen-Z-Kids versammeln sich trotz Regen im James-Simon-Park. Ausgerüstet mit meterlangen XXL-Gabeln und 5-Liter Puddingtöpfen, schaufeln sie sich Schoko- und Vanillepudding, Götterspeise und selbstgemachten Protein-Pudding rein. Andere fetzen sich das Süßzeug mit überlangen Gabelkonstruktionen hinein. Sie rufen: „Gaaaabel!“
Pudding mit Gabel essen ist ein Tiktok-Trend, der in Deutschland gerade viral geht: Menschen versammeln sich an einem öffentlichen Ort und essen gemeinsam Pudding mit einer Gabel. Vor dem Start wird mit den Gabeln auf die Deckel geklopft (das sogenannte Puddingklopfen), von 10 runtergezählt und dann geht’s los.
Der Trend begann ausgerechnet in Karslruhe mit einem Flyer, der zum Pudding mit Gabel essen im Park einlud. Das Video davon wurde tausendfach geteilt, seitdem findet „pmg“, wie die Gen-Z das Ereignis auf Tiktok abkürzt, in zahlreichen deutschen Städten statt: Hamburg, Dresden, München, Hannover. Selbst in Wien versammelten sich vergangenes Wochenende über 1.000 Menschen dazu. Es sind weitere Treffen in der Schweiz, Finnland und New York City geplant.
Mehr als nur Hype
In Berlin steht am Sonntag der „Gabelmann“ auf einem Baum. Er trägt ein langes braunes Cape, Schiebermütze, Brille und Wanderschuhe und blickt strahlend auf die Menge herunter. „Gabelmann! Gabelmann!“, skandiert die Crowd und reckt ihre Gabeln in die Luft. Vom Ast aus ruft er zur Revolution auf – die Jugendlichen antworten im Chor: „Ganz Berlin hasst die AfD!“
Hinter dem Trend steckt nämlich mehr als bloßer Gen-Z-Hype. Für viele ist er eine Form des kollektiven Ausatmens in politisch aufgeladenen Zeiten. Andere schätzen die Gemeinschaft, die bei solchen Events entsteht, und nutzen die Treffen, um neue Freundschaften zu schließen. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) vom Mai 2025 fühlen sich 45 Prozent der 16- bis 30-Jährigen regelmäßig einsam.
„Es ist cool, wieder zusammenzukommen, ohne sich zu kennen. Das fehlt einfach“, sagt einer auf Tiktok. Ein anderer: „Man teilt die Gemeinschaft, macht irgendeine Scheiße zusammen.“ So ist es: Es entsteht eine Riesen-Polonaise, Jugendliche sitzen in Grüppchen zusammen und streiten über die besten Puddingsorten.
Hinzu kommt: Das Event ist billig. In Zeiten von Inflation und gekürzten Kulturbudgets, etwa durch das Auslaufen des Kulturpasses Ende 2025, können sich viele Jugendliche Kino-, Theater-, Club- oder Barbesuche nicht mehr leisten. Dritte Orte ohne Konsumzwang sind selten geworden. Herr Weimar, schauen Sie sich das an – da muss man doch Mitleid mit der Jugend haben!
Mitgefühl zeigt zumindest die BVG. Die verteilt am Sonntag in den U-Bahnen fürsorglich Einweggabeln mit der Aufschrift „Puddinggabel“. Auf Tiktok kommentiert sie: „Für alle, die ihre Puddinggabel vergessen haben.“
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