Psychoanalytiker und Friedensaktivist: Horst-Eberhard Richter gestorben
Er machte sich einen Namen als Psychoanalytiker, Friedensaktivist, Autor und Mitgründer der Ärzte gegen den Atomkrieg: Horst-Eberhard Richter ist tot.
GIESSEN dpa/dapd | Der Psychoanalytiker, Friedensaktivist und Autor Horst-Eberhard Richter ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Das teilte am Dienstag die deutsche Sektion der Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) in Berlin mit, die Richter mitbegründet hatte. Er starb demnach am Montag nach kurzer, schwerer Krankheit. Dies habe seine Familie der IPPNW mitgeteilt. Das Sigmund Freud-Institut in Frankfurt, an dem Richter tätig war, bestätigte die Nachricht.
Richter machte sich als Pionier der psychoanalytischen Familienforschung und -therapie international einen Namen. Sein Buch "Eltern, Kind und Neurose" aus dem Jahr 1963 wurde zum Standardwerk der Kinderpsychologie und Erziehungswissenschaft. Zu Richters bedeutendsten Werken gehört das 1979 veröffentlichte Buch "Der Gotteskomplex". Mit "Alle redeten vom Frieden" avancierte er 1981 zur Leitfigur der Friedensbewegung.
Richter galt als unermüdlicher Verfechter einer entmilitarisierten Welt und setzte sich mit Beginn der Globalisierung für eine gerechte und auf sozialen Ausgleich bedachte internationale Zusammenarbeit ein. Der Mitbegründer der deutschen Sektion der "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)" war über viele Jahre ein ebenso unbequemer wie gefragter Gesprächspartner der politischen Entscheider und wirkte an zahlreichen Fachkongressen mit. Er engagierte sich gegen das nukleare Wettrüsten und prangerte früh auch die Zerstörung der Umwelt durch die internationale Industrialisierung an. Die IPPNW wurden 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Richter wurde 1923 als Sohn eines Ingenieurs in Berlin geboren und studierte dort Medizin, Philosophie und Psychologie. Nach einer Zusatzausbildung zum Psychoanalytiker wurde er 1962 auf den neuen Lehrstuhl für Psychosomatik nach Gießen berufen. An der hessischen Universität baute er ein fächerübergreifendes Zentrum für Psychosomatische Medizin auf, das er 30 Jahre leitete. Nach seiner Emeritierung wechselte er 1992 als Direktor an das Sigmund- Freud-Institut nach Frankfurt und leitete dies bis 2002.
Der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann hat den verstorbenen Horst-Eberhard Richter als Pionier der Übersetzung psychoanalytischer Theorien in alltagstaugliche Erkenntnisse gewürdigt. Richter habe die Theorien von Sigmund Freud oder Carl Gustav Jung "in die konkrete Alltagswelt geholt" und auf Beziehungen innerhalb der Familie bezogen, sagte Hurrelmann am Dienstag. Das sei hin bis zu konkreten Ratschlägen gegangen.
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