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Prozess wegen antisemitischem ÜbergriffKippa nicht gesehen

Ein Flüchtling schlägt mitten in Berlin mit einem Gürtel auf einen Israeli ein, beschimpft ihn als Jude. Am Montag begann der Prozess gegen ihn.

Im Amtsgericht Tiergarten drehte sich am Dienstag alles um eine kleine Kopfbedeckung Foto: dpa

Berlin taz | Kurz bevor der Richter die Verhandlung unterbricht, um zwei weitere Termine anzuberaumen, bekommt der Fall noch einen bizarren Dreh. Die Anwältin von Adam Armush, dem Israeli, der im April von dem aus Syrien geflohenen Palästinenser Knaan Al S. mit einem Gürtel misshandelt wurde, wendet sich an die Zeugin, die die Szene am Helmholtzplatz beobachtet und durch ihr Dazwischengehen womöglich eine weitere Eskalation verhindert hat: „Gehören Sie irgendeiner jüdischen Organisation an?“ Die Hamburgerin – nach eigenen Angaben mit israelischem Hintergrund – verneint das kategorisch, in Saal 700 des Landgerichts wird getuschelt.

Hintergrund der Frage, so die Anwältin, sei die Unterstellung, es gebe eine Verschwörung gegen den Angeklagten. Geäußert habe sie der Anwalt des zweiten Angeklagten, Cousin von Al S., der in die Attacke involviert war und gegen den noch ermittelt wird. Am Dienstag dreht sich aber alles um Al S. selbst, einen schlanken jungen Mann mit großen Augen und Kinnbärtchen. In dem vom Opfer aufgenommenen Video, das nach dem Vorfall viral ging, tritt er extrem aggressiv in Erscheinung, jetzt wirkt er schüchtern und bittet sein Opfer um Entschuldigung.

Drei Schläge sollen es gewesen sein, die Armush trafen – aber er habe die Gürtelschnalle in der Hand gehalten, so Al S. Das ist wichtig, die Anklage lautet auf gefährliche Körperverletzung. Am Ende der Vernehmung sieht man sich das Video etliche Male gemeinsam an. Gut zu erkennen ist es nicht, aber Richter Günter Räcke und die Schöffen gelangen zur Auffassung, dass das Opfer Recht hat: Die Schnalle aus Metall war es, die ihn an der Seite, am Bein und an der Lippe traf.

Ein Mann trägt eine Kippa in Berlin und wird deshalb misshandelt – das ist es, was den Fall so groß macht, der sonst wohl in ein, zwei Stunden abgehandelt würde. So aber sind Dutzende Journalisten erschienen, weshalb der Prozess in den terrorsicheren großen Saal des Gerichtsgebäudes verlegt wurde. Vertreter der Jüdischen Gemeinde sind ebenso gekommen wie der Israel-Hasser und Erdogan-Fan Martin Lejeune.

„Du Jude“ gelte halt als Schimpfwort

Dass er zugeschlagen hat, kann Al S. nicht bestreiten, das Warum ist die spannende Frage. Seine Version: Die kippatragenden Männer hätten ihn auf Arabisch beleidigt – möglicherweise, weil er selbst vorher seinen Cousin, mit dem er unterwegs war, zum Spaß laut mit Beschimpfungen überzogen habe, unter anderem: „Ich ficke deine Juden“, ihm zufolge eine arabische Redewendung. Dass der junge Mann, auf den er kurz darauf einschlug, Jude sein könnte, habe er erst später gemerkt – die Kippa sei ihm vorher gar nicht aufgefallen.

Dass er dann – wie im Video zu sehen – aggressiv „Jude“ ruft, erklärt er damit, das „gelte halt als Schimpfwort“. Er habe aber nichts gegen Juden und verstehe auch nichts von Politik.

Adam Armush, der an diesem Tag in Begleitung eines Freundes im Prenzlauer Berg mit der jüdischen Kopfbedeckung unterwegs war, wies die Darstellung von Knaan Al S. zurück. Er habe mit dem Angeklagten vor der Attacke keinerlei Worte gewechselt. Ein Trio um den Angeklagten habe sie über die Straße hinweg beschimpft. Sein Begleiter, ein Deutsch-Marokkaner, habe die Angreifer daraufhin aufgefordert, sie in Ruhe zu lassen. Dann sei Knaan Al S. auf ihn zugerannt gekommen, habe ihn als „dreckigen Jude“ bezeichnet und mit dem Gürtel auf ihn eingeschlagen.

An den nächsten Verhandlungstagen – eigentlich war nur einer vorgesehen – soll sich auch durch weitere Zeugenbefragungen herauskristallisieren, wer Recht hat.

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16 Kommentare

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  • Hatte der Gürtel-Angriff gar nichts mit der Kippa zu tun?

     

    Das Video wurde laut rbb im Gericht gezeigt: "Zum Anfang der Aufnahme ist auf Arabisch die Stimme des Angeklagten zu hören, der sagt: 'Warum beleidigst Du uns?' Der Israeli sagte dazu, damals habe er den Satz nicht wahrgenommen."

    Das stimmt mit der Behauptung des Angeklagten überein, er sei wegen der Beschimpfung "Hurensohn" ausgerastet und habe gesagt: „Warum beschimpfst Du mich, ich habe Dir nichts getan.“ (dpa)

     

    Anti-Aggressionst-Training könnte der Täter auf jeden Fall gebrauchen! Ehrlich, wer wegen einer Beleidigung so ausrastet ...

    Wird die Entschuldigung des Täters für die Schläge angenommen? - Rein menschlich meine ich, nicht als Strafrabatt. Wir erfahren es nicht. Wird die falsche Behauptung mit der aufgeplatzten Lippe zurückgenommen? (https://www.youtube.com/watch?v=tyVL2yjQDZg - Sekunde 12-27) - Viele offene Fragen.

     

    Geht gar nicht: "Jude", "Schwuler", "Gottloser", "Ungläubiger", "Behinderter" als Beleidigung. Das ist menschenfeindlich und leider weit verbreitet. Da gibt es noch viel zu tun.

  • ''Hintergrund der Frage, so die Anwältin, sei die Unterstellung, es gebe eine Verschwörung gegen den Angeklagten.''

     

    Sehr geehrter Herr Prösser,

    ich würde gerne wissen, wie Sie darauf kommen der Anwältin zu UNTERSTELLEN, dass sie dem Opfer eine Verschwörung gegen den Angeklagten zu unterstellen.

    Was Unterstellungen so sollten sie nicht so viele Steine werfen, da Ihr Glashaus ansonsten in sich zusammen fällt, da ihr Artikel voller unbewiesener Unterstellungen angefangen mit der überschrift in der sie dem Angeklagten Lügen unterstellen oder zumindest dem leser dies suggerieren wollen. Was den Täter angeht, so habe ich diesen schon damals für einen Provokanten gehalten, der hier was inszeniert hat, auch wenn der Palästinenser selber Schuld ist, da er sich von dem Israeli hat provozieren lassen, und so die Folgen tragen muss. Aber dem opfer glaube ich von Hause aus kein Wort, zumal er seine Aussagen die er vorher in Interviews getätigt hat im Gerichtssaal revidiert hat, und jetzt auf einmal von einem Zufall spricht, und doch kein Test ob man als Jude mit Kippa sicher in Berlin sei sondern nur ein Umzug mit einem Sofa (hat er im Interview mit keinem Wort erwähnt und das Interview ging recht lange) wo es dann zum streit kam der den dummen Angriff des Palästinenser verursachte. Wie Sie schon geschrieben haben, komischer Zufall zwei Umzüge an einem Tag in der selben Ecke mit dem Personenkreis aber na ja was soll ich da noch unterstellen, dafür ist mittlerweile die Taz zuständig (ich unterstell einfach mal).

    Was die Anwältin angeht, so macht diese Ihre Arbeit, und versucht sogenannte ''berechtigte Zweifel'' zu schüren, damit sie für ihren Mandanten das beste rausholen kann, das scheinen sie aber so wie sie schreiben nicht wollen, und das sagt über sie als Mensch schon mal was aus.

    LG

  • Noch eine Kleinigkeit:

    "die politische Dimension des Israel-Palästina Konflikt auf die Ebene des Antisemitismus zu heben"

    Als ob Antisemitismus nicht politisch wäre! Genauso wenig wie Rassismus oder Sexismus oder wie?

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @Exilante99:

      Natürlich ist Antisemitismus politisch. Sie müssen aber richtig lese. Ich habe von der "...politische(n) Dimension des Israel-Palästina Konflikt..." gesprochen, also eines spezifischen Konflikts, als Hintergrund für den Hass vieler Araber auf Israel (und vieler Isarelis auf Araber), was aber erstmal nichts mit dem europäischen Antisemitismus zu tun hat. Etwas mehr differenziert denken, bitte.

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Was war denn nun mit der ersten Aussage des Opfers, dass er und sein Freund ein Experiment hätten machen wollen? Um was für ein Experiment handelte es sich denn da? ein Provokation von arabischen Jugendlichen? der wutenbrannte Täter lässt vermuten, dass vorher - etwas geschehen sein muss, was aber im Film nicht zu sehen ist. Was meint der Täter damit, dass seine Mutter beleidigt worden sei? Es gibt viele offene Fragen zu diesem Vorfall...eins aber ist klar: die Israelfeindlichkeit arabischer Länder mit faschistischem deutschem Antismeitismus gleichetzen zu wollen, ist falsch und ein billiger Versuch, die politische Dimension des Israel-Palästina Konflikt auf die Ebene des Antisemitismus zu heben und vom politischen Problem des Konflikts abzulenken.

    • @81622 (Profil gelöscht):

      "Um was für ein Experiment handelte es sich denn da? ein Provokation von arabischen Jugendlichen? "

      Der Angegriffene hat gesagt, dass er nicht glauben wollte, dass man in Berlin besser nicht offen als Jude erkennbar herumlaufen solle. Man könnte es auch als solidarisches Experiment bezeichnen. Ihre Unterstellung ist schamlos und reine Spekulation.

      "der wutenbrannte Täter lässt vermuten, dass vorher - etwas geschehen sein muss"

      Möglich. Es ist aber genauso möglich, dass der Täter einfach Juden hasst und aggressiv war.

      "eins aber ist klar: die Israelfeindlichkeit arabischer Länder mit faschistischem deutschem Antismeitismus gleichetzen [...]"

      uuund die Wendung zu Ihrem eigentlichen Thema: 'Antisemitismus ist nicht gleich Israelkritik'. Nur das sich die 'Kritik' hier nicht gegen die Politik eines Staates, sondern gegen einen Menschen direkt richtete... wobei ich vom sprichwörtlichen Holzhammer schon gehört hab, aber noch nicht von der fliegenden Gürtelschnalle ins Gesicht eines Menschen.

      "

      • 8G
        81622 (Profil gelöscht)
        @Exilante99:

        "..Es ist aber genauso möglich, dass der Täter einfach Juden hasst.."...ist möglich, ist aber eher unwahrscheinlich, da nach arabischer Sichtweise der Staat Israel als Feindbild gilt. Was war denn nun mit der Beleidigung der Mutter des Angreifers als Auslöser seiner Agression? Diese Frage verdrängen Sie und beharren auf der Antisemitismusversion. Diese passt gut zu Netanyahus Strategie, Kritik an Israels Politik mit Antisemitisnmus gleichzusetzen. Und damit wären wir bei Donald Trump, der angeblich wegen der Israelkritik des UN-Menschenrechtsrates, diesen verlässt. Da hat Netanyahu einen super Rechtsaussen-Verteidiger, der zusammen mit Orban, der AFD, Lega Nord und Putin das liberale und offene Europa umkrempeln wird. Sind das die neuen Freunde der israelischen Gesellschaft?

  • Der mutmaßlich Geschädigte Israeli „Ein Trio um den Angeklagten habe sie über die Straße hinweg beschimpft. Sein Begleiter, ein Deutsch-Marokkaner, habe die Angreifer daraufhin aufgefordert, sie in Ruhe zu lassen. Dann sei Knaan Al S. (Angeklagter) auf ihn zugerannt gekommen, habe ihn als „dreckigen Jude“ bezeichnet und mit dem Gürtel auf ihn eingeschlagen.

    Wie kommt es eigentlich, dass in einer Gehzeit von max. 4 Sekunden (der Angeklagte sei auf ihn zugerannt), dass der vermeidlich Geschädigte, sein Smartphone aus der Hosentasche bekam, dass Passwort eingab, die Videofunktion aktivierte, den Start der Aufnahme auslöste und dann Filmte und gleichzeitig diese brutalen Schläge auf seinen Körper aushielt um die Videoaufnahme fortzusetzen. Ich Wette die Verteidigung ist auf diese Frage gar nicht gekommen, weil ja eh schon mehr oder weniger die Schuld des Angeklagten festzustehen scheint. Ich glaube dem Opfer nicht ein Wort. Viel Wahrscheinlicher erscheinen mir, die Ausführungen der Verteidigung, dass der Israeli auf der Lauer war, um ein solches Ereignis zu provozieren und auf Video aufzunehmen.

    • @Nico Frank:

      Erbämlicher geht es wohl nicht mehr.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @Nico Frank:

      Interessante Fragen, die sich viele andere auch stellen. Das riecht doch bendenklich nach einer geplanten Provokation des Angreifers.

    • @Nico Frank:

      Auweia!

       

      Vorschlag: Nehmen Sie mal Ihr Smartphone in die Hand und setzen den Daumen am unteren Rand des Bildschirms an. Bewegen Sie den Daumen rasch nach oben. Auf dem Bildschirm wird eine Reihe von Icons erscheinen, darunter eines mit einem Piktogramm einer Kamera. Drücken Sie auf dieses Icon. Sie können dann sofort anfangen zu filmen. Passwort nicht notwendig.

       

      Zum Rest Ihres Posts, der im Übrigen nur Mutmaßungen enthält, sage ich mal lieber nix...

      • @DerFrank:

        also dass sich irgendwelche Leute immer im Stile eines Winkeladvokaten an Kleinigkeiten festbeißen, um ihre These von Antisemitismus aufrecht zu erhalten ist schon bemerkenswert.

        Jedenfalls glaube ich zu wissen, was der Herr Nico Frank meint und bin auch dessen Ansicht. Dass er sich für Leute wie sie durch diese würter wie Passwort usw angreifbar macht, diese ändert nicht daran, dass seine aussage so wie er das meinte der Kern trifft. Aber vielleicht wollte er einfach einen von euch Muslemhasser mal vorlocken, und hat auch noch mit Arnstein oder ROI gerechnet, aber vielleicht nehmen die ja noch Anteil an seinem Kommentar.

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @DerFrank:

        Wir können auch darüber nachdenken, um WAS für ein Smartphone es sich handelt. Mein iPhone jedenfalls benötigt kein Password und ist in weniger als 2 Sekunden (ich hab's gestoppt) filmbereit.

        @ Nico Frank: Weißte wat: Geh doch nach Bielefeld - achnee, gibt es ja nicht! ;-)

  • „Lass doch die Kippa weg“ is the new „Mach doch die Bluse zu“.

    • @Heide Gehr:

      ... bzw. das neue "Küss (als Schwuler) Deinen Freund nicht in der Öffentlichkeit" - ist im Übrigen in bestimmten Gegenden, z.B. in Frankfurt, tatsächlich nicht zu empfehlen.

  • So wie die Überschrift hier formuliert wurde,

    "Kippa nicht gesehen" ohne Anführungszeichen, wirkt das so, als glaube der Journalist der Version des Angreifers oder als wäre das ein festgestelltes Faktum.

    Das wäre etwas vorschnell.