Prozess wegen Mordes an Briten in Berlin: War das Motiv Ausländerhass?
Im Verfahren gegen einen 63-Jährigen fordert die Staatsanwaltschaft fast zwölf Jahre Haft. Er hatte einen 31-Jährigen auf der Straße erschossen.
Der Prozess um den rätselhaften und umstrittenen Fall läuft seit vier Monaten. Der Angeklagte hatte geschwiegen. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch aus Mangel an Beweisen. Einer der Anwälte der Eltern des Opfers, die Nebenkläger sind, forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe. Das Motiv sei Fremdenfeindlichkeit gewesen. „Der Angeklagte ist ein Rassist, fasziniert von Hitler und dem Dritten Reich“, argumentierte der Nebenklage-Anwalt.
Der junge Brite kam am frühen Morgen des 20. September 2015 aus einem Lokal im Stadtteil Neukölln. Er hatte Ermittlungen zufolge gerade ein Telefongespräch beendet, als ihn ein Schuss tödlich im Bauch traf. Der Angeklagte habe aus nächster Nähe und „mit unbedingtem Vernichtungswillen“ geschossen, zeigte sich die Staatsanwaltschaft überzeugt.
Die Gesamtschau der Indizien belege die Täterschaft des Angeklagten, sagte der Staatsanwalt. Zeugen hätten einen älteren Mann mit langen weißen Haaren und einem dunklen Mantel als mutmaßlichen Schützen beschrieben. Dies passe auf den 63-Jährigen. Zudem sei bei ihm Munition ähnlich jener, die am Tatort sichergestellt wurden, gefunden worden. Auch Schmauchspuren habe man bei ihm festgestellt.
Einen Kontakt zwischen dem Opfer und dem mutmaßlichen Schützen gab es Ermittlungen zufolge nicht. Zwei Motive sind aus Sicht der Anklage möglich. Denkbar sei, dass es sich um eine Verwechslung handelte und der häufig angetrunkene Arbeitslose, der Militaria und Symbole aus der NS-Zeit sammelte, einen anderen Mann treffen wollte. „Oder es war Ausländerhass“, hieß es im Plädoyer der Staatsanwaltschaft.
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