Prozess wegen Kinderpornografie: Neue Zeugen für Tauss?
Kriminalbeamte, Kinderschützer, Sachverständige: Die Anwälte von Jörg Tauss wollen weitere Zeugen anhören. Wenn das Landgericht Karlsruhe zustimmt, verlängert sich der Prozess.
KARLSRUHE apn | Mit einer weiteren Zeugenvernehmung ist am Donnerstag in Karlsruhe der Prozess gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss fortgesetzt worden. Vor dem Landgericht wurde ein Mann vernommen, der per Mobiltelefon kinderpornografische Bilder mit Tauss getauscht haben soll. Die Verteidigung stellte außerdem weitere Beweisanträge. Die Entscheidung der Richter darüber wird für Donnerstagmittag erwartet.
Der vernommene Zeuge war vor drei Jahren selbst wegen der Verbreitung von kinderpornografischem Material verurteilt worden war. Er soll per Mobiltelefon in Kontakt mit Tauss gestanden und mit ihm Bilder getauscht haben. Der 33-jährige Marktleiter eines Einzelhandelsunternehmens bestritt den Versand von Bildern, die sexuelle Handlungen mit Kindern zeigen. Er habe lediglich erotisches Material mit Erwachsenen verschickt.
Auch habe er den Besitzer der Mobilfunknummer nicht gekannt. Er sei über eine Kontakthotline an die Nummer gekommen, so der Zeuge. Weiterhin betonte er, er habe immer erst Bilder verschickt, wenn er selbst auch welche bekommen habe.
Als weitere Zeugen soll nach Antrag der Verteidigung unter anderem ein Beamter eines Landeskriminalamts als Zeuge gehört werden, der sich 2009 in der Computerfachzeitschrift C't zum Thema Kinderpornografie und deren Verbreitung durchs Internet geäußert hatte. Daneben wollen Tauss' Anwälte einen Mitarbeiter der Organisation Carechild als Sachverständigen hören, der die Ansicht vertritt, zweifelhafte Seiten seien leicht vom Netz zu nehmen. Ein weiterer Zeuge soll erklären, wie anonyme SIM-Karten getauscht werden können.
Falls die Anträge vom Landgericht Karlsruhe angenommen werden, wird sich der Zeitplan für den Prozess vermutlich um einen Tag verschieben. Die Plädoyers in der Verhandlung könnten dann statt am Donnerstagnachmittag erst am Freitag stattfinden, das Urteil würde vermutlich erst am Montag verkündet werden. Beobachter hatten das Urteil bislang für Freitag erwartet. Der Prozess gegen den 56-jährigen Tauss läuft seit Dienstag.
Dem früheren SPD-Bundestagsabgeordneten werden der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie vorgeworfen. Der inzwischen zur Piratenpartei übergetretene Politiker bestreitet den Besitz des Materials nicht, beteuert aber, es für Recherchen im Rahmen seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter benutzt zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!