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Prozess um Pokerraub in BerlinUnd Momo schweigt

Im März erregte der Berliner Pokerraub die Republik, jetzt stehen die Drahtzieher vor Gericht und sagen nichts. Das Gericht befürchtet während des Prozesses "Befreiungsaktionen".

Nur nicht zu viel von sich preisgeben: Angeklagter im Berliner Pokerräuber-Prozess. Bild: dpa

BERLIN taz | Saal 500 im Berliner Landgericht, der für die harten Fälle. Hinter Sicherheitsglas kneten Mohamed "Momo" C. und Ibrahim "Ibo" M. ihre Hände, tuscheln durch Gitter mit ihren Anwälten. Momo im Karohemd, Ibo im schwarzen T-Shirt, betont lässige Mienen unter den akkurat gegelten Frisuren. Nur ab und zu ein Grinsen gen Besucherbänke. Aus der ersten Reihe grüßen Freunde und Verwandte zurück. Hinter ihnen Polizisten, in zivil oder mit schusssicheren Westen. Zwei Sicherheitskontrollen mussten die Zuhörer durchlaufen, vor der Tür drängeln sich noch mehr Beamte und sechs Kamerateams. Keine Frage, hier wird Gefährliches verhandelt.

Momo und Ibo gelten als Hintermänner einer Tat, die manchem anfangs als perfekte Gaunerei erschien. Mit Machete und Schreckschusspistole stürmen Anfang März vier Maskierte ins Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz, wo gerade Deutschlands größtes Pokerturnier stattfindet. Es ist der perfekte Augenblick: der Tresor offen, der Sicherheitschef nicht da, keine bewaffneten Securities. Die Räuber entkamen mit 241.930 Euro Startgeldern.

Doch so fix der Coup, so schnell zerbröselt die Profifassade. Keine zwei Wochen nach dem Überfall sitzen die Täter in Haft. Vier 19- bis 21-jährige Neuköllner und Kreuzberger Jungs, Kinder türkischer und arabischer Einwanderer. Alle vorbestraft, keiner mit abgeschlossener Ausbildung. Der Pokerüberfall wird zur Dilettantentat: die Gesichter eingefangen auf Überwachungskameras, verlorene Geldbündel, das notierte Kennzeichen des Fluchtwagens. Anfang Juli kassiert das Quartett seine Strafe: mehr als drei Jahre Haft, trotz Geständnis.

Seit Donnerstag wird nun denen der Prozess gemacht, die nicht als Dilettanten gelten. Mohamed C. zockte selbst beim Pokerturnier mit - am Tisch neben Fernsehmoderatorin Charlotte Roche. Hier soll der 31-Jährige den Plan geschmiedet, über Handy den Start des Überfalls angeordnet haben. Ibrahim M., 29 Jahre, soll die vier Räuber angeheuert und das Fluchtauto gefahren haben. Rund 80.000 Euro der Beute hätten sie kassiert, so der Staatsanwalt, der beiden Angeklagten gemeinschaftlich schweren Raub und gefährliche Körperverletzung vorwirft.

Doch noch bevor die Anklage verlesen wird, poltern die Verteidiger los. Warum brauche es all die bewaffneten Polizisten im Saal? "Wir sitzen in einem Strafprozess und nicht in der Vorbereitung auf einen Einsatz in Afghanistan", meckert einer. Viermal wird die Verhandlung unterbrochen, doch Richter Carsten Wolke traut den Hintermännern alles zu. Zuschauer könnten durchaus in "einer konzertierten Aktion" die Angeklagten "befreien", so Wolke. Bei den Beschuldigten seien in der Haft zudem illegale Handys gefunden worden, mit denen solch eine Tat hätte vorbereitet werden können.

Ein Teil von Momos arabischer Großfamilie ist im Saal versammelt. Die Polizei kennt C.s Drogengeschäfte, Schutzgelderpressungen. Unlängst wurde ein Familienmitglied wegen Zuhälterei verurteilt. Ibrahim M. wiederum ist Onkel einer der vier Pokerräuber. Ein arbeitsloser Kfz-Mechaniker, gebürtiger Libanese. Den Jungs soll er vor der Tat eingeschärft haben, keine Namen zu nennen - man werde sich eines Tages wiedersehen.

Der Respekt vor den Großen war im ersten Prozess greifbar. Anders als bei der Polizei nannte nur einer der jungen Angeklagten vor Gericht noch Ibo als Mittäter. Im Publikum saßen schon damals Verwandte mit verschränkten Armen.

Ob sie sich zu den Vorwürfen äußern wollen, fragt Richter Wolke am Donnerstag Mohamed C., und Ibrahim M. Ibo schüttelt den Kopf, blickt auf den Boden. Auch Momo verneint. Es wird auf Indizien ankommen: Telefonverbindungen, der Fluchtwagen, Zeugen. Am nächsten Prozesstag sollen auch die vier Jung-Pokerräuber aussagen. Das Gericht hat vorsorglich Prozesstermine bis in den November anberaumt.

Unbestritten professionell agiert die Clique bisher in einem: dem Verstecken der Beute. Auf das Geld hätten sie keinen Zugriff mehr, hieß es reihum im ersten Pokerprozess. Momo und Ibo schweigen auch dazu. Nur einer der Verurteilten hat einen Anteil seiner Beute zurückgegeben: 4.000 Euro.

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