Prozess gegen „Sachsensumpf“-Zeuginnen: Vorwürfe aus dem Kinderbordell

Zwei ehemalige Zwangsprostituierte werden in Dresden angeklagt. Der Prozess gilt als Schlüsselverfahren bei der Aufklärung zum sogenannten Sachsensumpf.

Blumen zum Prozessbeginng: Die Angeklagte Mandy K. Bild: dpa

DRESDEN taz | Am Eingang zum Dresdner Amtsgericht warteten am Dienstagmorgen Blumen auf die beiden Angeklagten. Und Dutzende Kameras. Denn nach dem ersten Urteil gegen zwei Journalisten gilt der Prozess gegen zwei ehemalige Zwangsprostitutierte des Leipziger Kinderbordells „Jasmin“ als weiteres Schlüsselverfahren im sogenannten Sachsensumpf.

Die Dresdner Staatsanwaltschaft selbst hat es dazu gemacht, als sie den beiden wichtigen Zeuginnen in Ermittlungen zum Leipziger Filz Verleumdung vorwarf. Bei Vernehmungen in den Jahren 2000 und 2008 wollen beide unabhängig voneinander hochrangige Justizbeamte als ihre ehemaligen Freier beziehungsweise Vergewaltiger auf Fotos wiedererkannt haben.

Die vermeintliche „Sachsensumpf“-Korruptionsaffäre wurde 2007 durch Dossiers des Verfassungsschutzes zur organisierten Kriminalität ausgelöst. Ein Schwerpunkt lag in Leipzig. Der heutige Präsident des Landgerichtes Chemnitz Norbert Röger, der damalige Vizepräsident des Landgerichtes Leipzig Jürgen Niemeyer und der inzwischen verstorbene Richter am Oberlandesgericht Günther Schnaars kamen in den Ruch, Anfang der neunziger Jahre „Jasmin“-Kunden gewesen zu sein. Ein auffällig mildes Urteil in einem späteren Zuhälterprozess wurde so erklärt.

Beweise gibt es im gesamten „Sachsensumpf“-Komplex kaum. Staatsanwaltschaft und Staatsregierung deklarierten die Indiziensammlung des Verfassungsschutzes bald als Hirngespinst einer übereifrigen Mitarbeiterin. Als Mandy K. und Beatrix E. 2008 gegenüber Staatsanwalt Christian Kohle ihre Aussage wiederholten und Medien darüber berichteten, stellten die drei Betroffenen Strafantrag.

„Seit Jahren durch den Dreck gezogen“

Der 72-jährige Niemeyer, heute Anwalt in München, erschien zum Prozessauftakt selbst. „Seit Jahren werde ich durch den Dreck gezogen“, begründete er nochmals seinen Strafantrag. Er erwartet eine Verurteilung der Angeklagten.

Die beiden 35-Jährigen wollten sich zum Prozessauftakt noch nicht äußern. Amtsrichter Herbert Dietz vertagte nach Absprache mit allen Prozessbeteiligten die Verhandlung auf den 4. Oktober. Mandy K. und Beatrix E. dementierten aber energisch, dass hinter den Kulissen über einen Vergleich oder eine Einstellung des Verfahrens gesprochen worden sei. „Es wird keinen Deal geben“, bekräftigten beide und deuteten an, dass sie bei ihren bisherigen Aussagen bleiben.

Insbesondere Mandy K. wirkt nach ihrem sichtlich eingeschüchterten Auftritt vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss 2009 nun wesentlich selbstbewusster. Sie hat in Koblenz versucht, auch räumlich Distanz zu den Zuhälter-Gewalterfahrungen ihrer Jugendjahre zu gewinnen. Ihr Freund und die neu entdeckte Malerei helfen ihr dabei.

Gegenüber der taz bezeichnet sie sich selbst als Künstlerin, wobei erst ein „Einkommensmix“ den Lebensunterhalt sichere. Nach eigenen, früheren Aussagen leidet sie aber weiterhin an Angst- und Panikattacken. Beide Frauen, die sich erst wegen dieses Prozesses wiedergefunden haben, erhalten Unterstützung unter anderem vom Verein „Karo“ aus Plauen, der sich mit der Prostitution an der tschechischen Grenze befasst.

Fragwürdig allerdings bleibt, dass sich Beatrix E. – offenbar nach väterlichem Rat – von Anwalt Wolfgang Narath vertreten lässt. Der war bis zu ihrem Verbot 1994 Vorsitzender der Wiking-Jugend und ist Mitglied der NPD.

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