Prozess gegen Neonaziduo: Hetzjagd mit Brandstiftung
Mehrere junge Männer verstecken sich vor Neonazis in einer Gartenhütte - diese wurde dann in Brand gesteckt. Die mutmaßlichen Täter stehen nun vor Gericht.

Abgebrannt - zum Glück ohne Menschen. Bild: dpa
BERLIN taz | Es war der erste warme Tag im Frühling 2011, zehn junge Männer mit türkischen und italienischen Wurzeln wollten auf einem Berg in der baden-württembergischen Gemeinde Winterbach grillen. Ihr großes Pech: In der Nähe ihrer Hütte feierte an diesem Abend eine Gruppe von Neonazis - die zu später Stunde Jagd auf die Migranten machte. "Ihr Scheißkanaken, wir machen euch fertig", sollen die Rechten gerufen haben, bevor sie angriffen. Fünf der Angegriffenen entkamen nur knapp dem Tod.
Am Montag hat nun am Stuttgarter Landgericht der Prozess gegen einen 21-Jährigen und einen 22-Jährigen begonnen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: versuchter Mord. Die beiden sollen sich an der Hetzjagd gegen die Migranten beteiligt haben, und als einige der jungen Männer sich aus Angst in ihrer Gartenhütte verschanzten, soll der Jüngere der Angeklagten die Laube mit einem Ast aus einem Lagerfeuer angezündet haben.
Er habe aus "dumpfer ausländerfeindlicher Gesinnung" gehandelt, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Nur durch Glück konnten sich die Migranten damals aus dem brennenden Schuppen befreien. Sie erlitten Rauchvergiftungen, andere der Angegriffen wurden durch Schläge und Tritte verletzt.
NPD-Party und Neonazi-Konzert
Der Fall zeigt, dass nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch im wohlhabenden Speckgürtel von Stuttgart gewalttätige Neonazis ihr Unwesen treiben. Und auch in diesem Fall warfen Kritiker den Behörden vor, zu wenig gegen diese Gefahr unternommen zu haben. Denn: Der Gastgeber der rechten Party, ein ehemaliger Sprecher der rechtsextremen NPD im Kreis, war vor einigen Jahren wegen eines brutalen Angriffs auf einen Griechen verurteilt worden.
Auch rechtsextreme Konzerte hatte es auf dem Gartengrundstück bei Winterbach schon gegeben. "Kinderzimmerterroristen" hieß eine Band aus Thüringen, die dort 2010 aufspielte. Sie seien vor der Gefahr in der Nachbarschaft ihrer Gartenlaube von niemandem gewarnt worden, beklagten die Migranten nach der Attacke.
Die beiden Angeklagten selbst haben zum Prozessauftakt bestritten, dass sie die Hütte angezündet haben. Als sie zur Laube gekommen seien, habe diese schon gebrannt. Wer den Brand gelegt hat und dass Opfer nahe der Hütte verprügelt wurden, hätten sie nicht gesehen. Der vorsitzende Richter forderte die beiden auf, ihre Aussage zu überdenken. Für den Prozess vor der Jugendkammer sind rund 30 Verhandlungstage bis Ende Mai angesetzt.
Leser*innenkommentare
Naru
Gast
Sehr geehrter Herr Bill,
wie wollen sie jemanden bestrafen ohne vor Gericht geklärt zu haben ob derjenige überhaut schuldig ist ?
bull
Gast
Ich denke es wird Zeit dieses braune Gesocks ohne Geichtsverhandlungen zu bestrafen
emil
Gast
aus dem "dumpf" würde ich noch gerne ein "stumpf" machen.
unfasslich, dass in so jungen jahren schon so viel schwachsinn im kopf hängengeblieben ist.
anton
Gast
"Ausländerfeindlich Gesinnung"? - und wenn die Angegriffenen Deutsche ("mit türkischen und griechischen Wurzeln") sind? Rassismus beschreibt das wohl besser, Herr Richter.
Webmarxist
Gast
Warum die Nachbarn den Migranten nicht gesagt, dass einer ihrer Nachbarn, mal bei der NPD war `?
Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen.
tommy
Gast
Sicherlich ein schlimmer Fall, auch wenn mir nicht ganz klar ist, wie er durch Warnungen (von wem?) verhindert hätte werden können.
Was ich auch nicht verstehe, ist, wieso der Prozess vor einer Jugendkammer stattfindet. Sind die Angeklagten mit 21 bzw. 22 Jahren allen Ernstes noch als "Jugendliche" anzusehen?