Prozess gegen KSK-Soldat: Amnestie für Patronenklau
KSK-Soldaten konnten Anfang 2020 ohne Konsequenzen unterschlagene Munition zurückgeben. Das Verteidigungsministerium will sich dazu nicht äußern.
Das Angebot wurde offenbar gerne angenommen. In Bundeswehrkreisen kursiert nach taz-Informationen die Zahl, dass in Calw drei Paletten zusammenkamen. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht. Das Verteidigungsministerium hat eine taz-Anfrage an das Heer weitergeleitet, weil dort eine „Generalinventur zu Waffen und Munition im KSK“ stattfinde. Von dort hieß es lediglich: Der Sachverhalt werde „derzeit noch durch die zuständigen Stellen der Bundeswehr untersucht“. So bleibt vorerst ungeklärt, ob die Amnestie einmalig oder häufiger war und ob sie nur das KSK betrifft oder auch andere Bundeswehrteile.
Nach einer Reihe von Rechtsextremismus-Skandalen im KSK kündigte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Juni 2020 an, die Einheit drastisch reformieren zu wollen. Die besonders skandalumwitterte zweite Kompanie wurde inzwischen aufgelöst, die allermeisten Soldaten sind aber nach wie vor in der Bundeswehr und teils auch beim KSK.
In diesem Zusammenhang ging es auch um die Frage, warum eine große Menge Munition und Sprengstoff aus KSK-Beständen verschwinden konnte. Ein Großteil der Fehlbestände wurden in der Zwischenzeit mit schlechter Buchführung erklärt. Dass womöglich durch eine Munitionsamnestie das wahre Ausmaß des Patronenklaus vertuscht worden sein könnte, wurde bislang nicht öffentlich thematisiert.
Vor Gericht war die Amnestie bereits am 19. Januar Thema. Staatsanwalt Ron Franke sagte damals im Gerichtssaal in Leipzig, nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sei es „möglich gewesen, unauffällig Munition an die Bundeswehr zurückzugeben“, die zuvor gestohlen wurde. Das sei möglich gewesen, „ohne dienstrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen“, weil es wohl „gelegentlich vorkam, dass Munition vergessen werde“. Nicht bekannt ist bislang, ob diese Amnestie vom KSK selbst oder von einer höheren Stelle angeordnet wurde.
Der Angeklagte Philipp Sch. selbst erwähnte am Donnerstag vor dem Landgericht die Munitionsamnestie als Sonderregelung, von der er aber keinen Gebrauch gemacht habe. Er muss sich vor Gericht verantworten, weil er in seinem Garten Munition, Sprengstoffe sowie eine Kalaschnikow vom Typ AK47 vergraben hatte.
Am dritten Prozesstag beschloss das Gericht, dass der Angeklagte sich nicht mehr wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten muss. Der Besitz des Sturmgewehrs vom Typ AK47 sei lediglich als Verstoß gegen das Waffengesetz zu werten. Laut einem Gutachter war die AK47 bereits beschädigt und demnach nicht mehr schussfähig. Auch der Angeklagte selbst sagte aus, er habe sie lediglich als „Dekowaffe“ verwenden wollen. Woher das russische Sturmgewehr jedoch kommt, bleibt weiterhin unklar.
Laut dem Vorsitzenden Richter weist die Aussage von Sch. Widersprüche auf. Der Angeklagte hatte ausgesagt, er habe nicht gewusst, was er mit der geklauten Munition anderes hätte machen sollen, als sie zu vergraben. Im Zuge laufender Ermittlungen gegen seine Kompanie nach einer Feier, bei dem er einen Hitlergruß gezeigt haben soll, habe er mit „Kontrollen und Durchsuchungen“ gerechnet. Das Gericht will den Prozess schon bald zu Ende bringen. Die Urteilsverkündung ist bereits für den 12. März geplant.
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