Prozess gegen Gouverneur von Jakarta: Haft wegen Gotteslästerung
Der christliche indonesische Politiker muss nach einer Blasphemieklage für zwei Jahre ins Gefängnis. Er habe im Wahlkampf den Islam beleidigt.
Damit gingen die fünf Richter über das Plädoyer der Staatsanwaltschaft hinaus. Diese hatte nur eine Bewährungsstrafe gefordert für eine Aussage, die unter normalen Umständen als Meinungsäußerung gelten würde.
Islamisten hatten in dem Land mit der größten muslimischen Bevölkerung gegen den Christen chinesischer Abstammung im Wahlkampf um das Amt des Gouverneurs von Jakarta mobilisiert mit dem Argument, der Koran verbiete es Gläubigen, für einen Nichtmuslim zu stimmen. Ahok hatte dem widersprochen und gesagt, der Koran verbiete das nicht. Wer das glaube, lasse sich in die Irre führen. Islamisten werteten Ahoks in einem Videomitschnitt manipulierte Rede so, also hätte er gesagt, der Koran führe Menschen in die Irre.
Mehrfach mobilisierten Islamisten in den letzten Jahren im traditionell toleranten Indonesien Hunderttausende Demonstranten gegen den Gouverneur. Er galt bis dahin als einer der beliebtesten Politiker des Landes und Favorit für die Gouverneurswahl. Unter dem Druck der Islamisten nahm die Justiz Ermittlungen auf und klagte Ahok schließlich an. Im ersten Wahlgang verfehlte er die absolute Mehrheit und musste dann Mitte April in die Stichwahl. Die verlor er dann gegen einen muslimischen Kandidaten.
Beobachter werteten das gesamte Verfahren als politisch motiviert. Sie bemängelten zudem, dass das Gericht bereits von Blasphemie spreche, wenn jemand nur einer islamistischen Koraninterpretation widerspricht.
Andreas Harsono von Human Rights Watch drückt die Sorgen vieler liberaler Indonesier aus: „Ahoks Fall ist der größte Blasphemiefall in Indonesiens Geschichte. Er ist der Gouverneur von Indonesiens größter Stadt, ein Verbündeter des Präsidenten. Wenn er ins Gefängnis gesteckt werden kann, was droht dann anderen?“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!