Prozess Oslo-Attentat: Dschihadist als Breiviks Zeuge
Der Attentäter von Oslo will einen Islamistenführer als Zeugen dafür, dass der Islam und der Westen im Krieg sind. Der Prozess soll ein „politisches Tribunal“ werden.
Mullah Krekar ist derzeit Dauergast in norwegischen Gerichtssälen. Am Montag wurde der kurdische Islamistenführer in Oslo wegen Todesdrohungen gegen eine Politikerin zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Am Mittwoch steckte ihn ein Gericht wegen erneuter Todesdrohungen für acht Wochen in Untersuchungshaft. Und in ein paar Wochen soll er als Zeuge der Verteidigung für den Massenmörder Anders Breivik aussagen.
Breivik will Krekar, der seit 2006 unter dem Vorwurf von Al-Qaida-Verbindungen auf der „Terrorliste“ der Vereinten Nationen steht, zum Beweis dafür hören lassen, dass sich der Westen und der Islam in einem Krieg befinden. Das hat zwar nichts mit dem 77-fachen Mord zu tun, weswegen ihm der Prozess gemacht wird, soll aber offenbar dazu dienen, dieses Gerichtsverfahren zu dem von Breivik angekündigten „politischen Tribunal“ zu machen.
Mullah Krekar wurde mit Bedacht ausgewählt. Norwegen möchte den Islamisten schon lange loswerden. Seit sechs Jahren gibt es eine Ausweisungsverfügung, die aber nicht vollstreckt werden kann, weil ihm im Irak die Todesstrafe droht.
So wird die „starke, bewusste und charismatische Führungspersönlichkeit“, wie Krekar am Montag vom Gericht charakterisiert wurde, der „religiöse Führer, profilierte Widerstandsmann und religiöse wie juristische Gelehrte“, wie es dort weiter heißt, wohl noch länger vom künftigen Islamstaat Norwegen schwadronieren können, in dem all das Unrecht vergolten werde, was ihm jetzt geschieht.
Ein „Internet-Dschihadist“ mit einer großen Sympathisantenschar ist Krekar nach Einschätzung von Brynjar Lia, Spezialist für militante islamistische Gruppen. 1956 als Najmuddin Faraj Ahmad geboren und 1991 als Flüchtling mit seiner Familie aus dem irakischen Kurdistan nach Norwegen gekommen, zog es Krekar nach erteiltem Asyl wieder in das irakisch-iranische Grenzgebiet, wo er 2001 die terroristische Ansar al-Islam gründete.
Nach einer Verhaftung in den Niederlanden kehrte Krekar 2003 nach Norwegen zurück. Er gilt dem Verfassungsschutz seither als Sicherheitsrisiko und steht unter ständiger Überwachung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung