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Provozierende Deserteure

■ Eine Kunstausstellung des Aachener „Arbeitskreises Von der Fahne“ über den 20. Juli des gemeinen Soldaten sorgt für heftige Debatten / Ausgestellt wird in finsteren Bunkerräumen

Aachen (taz) - Kunst oder Politik? Oder beides? Darüber gab es unter den InitiatorInnen und KünstlerInnen schon bei der Planung des Projektes heftige Debatten. „Nicht vereinnahmen lassen“ stand da gegen „Zeichen setzen im Soldaten-Mörder -Pazifismus-Streit“. Die Kunstausstellung über Deserteure, initiiert vom Aachener „Arbeitskreis Von der Fahne“, ein Zusammenschluß von friedenspolitisch engagierten Leuten aus Politik, Kunst und Kirche, ist am Sonntag eröffnet worden und erhitzt die Gemüter. Fast 50 KünstlerInnen aus der Region (davon zehn aus den Niederlanden) beteiligten sich an dem Projekt, das passenderweise die beklemmende Atmosphäre eines düsteren Bunkers (Junkerstraße 38) zum Schauplatz gewählt hat.

Deserteure, die der Wehrmachtsbarberei im Zweiten Weltkrieg entfliehen konnten, werden bis heute verleumdet, beschimpft und im besten Fall ignoriert. Wiedergutmachung erhielten die allerwenigsten - getreu dem Nachkriegsmotto: Was einmal Unrecht war, muß auch im Rechtsstaat Unrecht bleiben. Diejenigen, die im Hitlerfaschismus aus potentiellen Mördern nicht zu wirklichen Henkersknechten fürs Vaterland werden wollten, provozieren noch heute ihre Rechtsnachfolger auf der Hardthöhe: so bei den Auseinandersetzungen um das Denkmal für den unbekannten Deserteur am 1.September in Bonn.

Dieser und viele andere historische Fixpunkte über die mutigen Männer, die in brauner Zeit den grauen Rock auszogen, und wie bis heute mit ihnen umgegangen wird, sind im Katalog zur Ausstellung nachzulesen. Der Wehrmachtsdeserteur Otl Aicher, heute einer der Stardesigner des Landes, gab der Ausstellung das Motto aus den Erinnerungen zur eigenen Fahnenflucht: „Besudelt möchte ich nicht überleben.“ Die Ausstellung ist bis 23.11. geöffnet. In den Bunkerräumen werden Theateraufführungen, Infoabende zur nachträglichen Kriegsdienstverweigerung und Lesungen (u.a. mit Gerhard Zwerenz, „Soldaten sind Mörder“) stattfinden. Unter dem Titel „Soziale Geste“ provoziert gleich am Eingang ein schlichtes Hinweisschild: „Eintritt frei für Soldaten und Mörder“.

-Resi

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