Kommentar: Provinzposse
■ Verwaltungsreform nötig
Bremerhaven ist um eine Provinzposse reicher. Natürlich kann man nicht so ohne weiteres den Schluß ziehen, der ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Wilhelms hätte seine Verbindungen spielen lassen, um für sich günstigere Bedingungen herauszuschlagen – nur weil die Geschichte irgendwie danach riecht.
Eins steht nach dem Gutachten der Rechnungsprüfer allerdings zweifelsfrei fest. Hier haben Wirtschaftsförderer, die Verwaltung und einige Mitglieder des Magistrats, allen voran Bürgermeister Burghard Niederquell, ein Stadtkämmerer, der die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung offenbar nicht genau kennt, versagt. Anstatt effektiv zusammenzuarbeiten waren die betroffenen Ämter und Stellen in einem Geflecht aus organisierter Unverantwortlichkeit miteinander verwoben. Eine Hand wußte anscheinend nicht, was die andere tat. Die Aussicht auf die Ansiedlung von Gewerbe und die damit (angeblich) verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen hat zudem die Knie der Wirtschaftsförderer weich werden lassen. Davon hat Wilhelms möglicherweise profitiert.
Verwaltungsreform, schlanker Staat – sind die Schlagworte, die dem Leser des Gutachtens zwangsläufig in den Sinn kommen. Dieses Geflecht aus organisierter Unverantwortlichkeit ist nicht nur ineffizient, sondern auch peinlich für die Stadt.
Kerstin Schneider
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen