Protokoll Arbeit und Corona: „Wenn ich warte, friere ich“
Student Rohid S. hat vor der Pandemie im Tourismus gearbeitet. Jetzt fährt er mit dem Fahrrad Essen aus. Er hat Angst, den Job zu verlieren.
Rohid S., 25, liefert als Fahrradkurier in Berlin Essen aus. Der junge Mann aus Indien finanziert sich damit sein Studium.
„Ich bekomme zurzeit gute Bonuszahlungen, mein Arbeitgeber macht ein großartiges Geschäft wegen des Shutdowns. Viele Leute sind zu Hause, die Restaurants können nur noch liefern.
Vor der Coronapandemie habe ich im Tourismus gearbeitet. Mein Job dort war nicht so anstrengend und hart, wie es die Essenslieferungen sind. Das komplette Geschäft fiel allerdings ab März aus: Mein Job war weg.
Ab April saß ich für drei Monate nur zu Hause und habe von meinem Ersparten gelebt. April, Mai und Juni, dann war ich pleite. Das war eine ziemlich schwierige Zeit für mich.
Kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld
Wir Studenten haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, von der Überbrückungshilfe für Studenten wurde mir damals abgeraten. Dass man die nicht zurückzahlen muss, habe ich erst später erfahren. Da war es dann zu spät.
Der Job als Essenslieferant ist anstrengend, aber gut. Es ist zurzeit ziemlich kalt, aber wenn ich mit dem Fahrrad durch die Stadt fahre, dann geht es. Nur wenn ich zwischen den Aufträgen mal warten muss, fange ich an zu frieren und zu zittern vor Kälte.
Die Pandemie hat für viele Menschen Arbeit und Einkommen verändert – oft negativ, manchmal auch positiv. In den nächsten Wochen lassen wir hier jene zu Wort kommen, die Corona direkt im Arbeitsalltag und auf dem Konto spüren. Weitere Texte aus der Serie finden Sie hier.
Wir werden wirklich gut bezahlt, bekommen Bonuszahlungen für längere Strecken und Überstunden. Etwa 80 Stunden im Monat übernehme ich in Schichten, sonst kann ich flexibel mehr arbeiten. Ab der 150. Lieferung im Monat bekomme ich einen Bonus. Das lohnt sich auf jeden Fall.
Die Kunden wünschen sich meistens, dass wir das Essen an der Wohnungstür ablegen und geben das in der App direkt bei der Bestellung an. Viele haben große Angst vor dem Coronavirus. Das geht zwar schneller, aber leider fällt deswegen oft das Trinkgeld an der Tür aus. Bei zehn Lieferungen geben etwa zwei Leute ein Trinkgeld. Aber wenn wir das Essen vor der Tür ablegen, gibt es kein Trinkgeld.
Mir geht es gut zurzeit, aber ich will meinen Job auf keinen Fall verlieren. Ich habe keine Hoffnung, dass die Regierung mich unterstützen wird. Mein Job ist mir im Moment am wichtigsten – ich darf ihn auf gar keinen Fall verlieren.“
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