Proteste in Birma: Klöster verriegelt, Internet gekappt
Nachdem die Militärjunta in Birma fünf Klöster zu Sperrzonen erklärt hat, ist nun scheinbar der Zugang zum Internet abgeschnitten - der einzige Weg für Bürgerjournalisten, von den Protesten zu berichten.
RANGUN ap/reuters/dpa Die birmanische Militärregierung hat offenbar den Zugang zum Internet abgeschnitten und verhindert damit die Übermittlung von Berichten, Fotos und Videos an die Außenwelt. Internet-Cafes blieben am Freitag geschlossen. Der Auskunftsdienst des größten Internet-Anbieters war telefonisch nicht mehr zu erreichen.
Einige Menschen erhielten in den letzten Tagen und Stunden eine SMS unbekannter Herkunft mit der Botschaft: "In support of our incedibily brave friends in Burma: May all people around the world wear a read shirt on Friday, September 28." Eine Aufruf, der auch in der internationalen Blog-Szene weitergetragen und - selbstverständlich - diskutiert und kommentiert wird. Die Reaktionen reichen von begeisterter Zustimmung, man ist froh, wenigsten etwas tun zu können, bis zu eher ablehnenden Haltungen: "Was haben denn die Mönche in Birma davon, wenn jemand im roten T-Shirt vor dem Computer sitzt, um sich gut dabei zu fühlen".
Bürger-Journalisten gehören zu den Hauptinformanten über die Demokratiebewegung und die Niederschlagung der Proteste in den vergangenen Tagen. Sie nutzen sogar Kontakt-Seiten im Internet dafür, ihre Berichte und Bilder nach draußen zu schmuggeln. Oppositionelle Nachrichtenorganisationen haben ihrerseits das Internet als Übermittlungsweg genutzt.
Die weit verbreitete Nutzung moderner Technologien durch die Demonstranten und die Opposition ist einer der größten Unterschiede zur Protestbewegung von 1988, als es Tage dauerte, bis Berichte über um sich schießende Soldaten an die Öffentlichkeit gelangten.
Zuvor hatte Birmas Militärregierung fünf buddhistische Klöster zu Sperrzonen erklärt - so soll die anhaltende Demokratiebewegung im Land unterdrückt werden. Die Mönche in diesen Klöstern würden als Rädelsführer bei den seit rund zwei Wochen anhaltenden Protestkundgebungen betrachtet, hieß es am Freitag aus diplomatischen Kreisen in Rangun. Demnach ließ die birmanischen Regierung verlauten, dass sie die Mönche jetzt unter ihrer Kontrolle habe und sich nunmehr den Zivilpersonen unter den Demonstranten zuwenden werde.
Am Donnerstag war die Lage in Birma eskaliert. Bei dem Versuch der Militärjunta, die anhaltenden Massenproteste mit brutaler Härte zu ersticken, kamen mindestens neun Menschen ums Leben. Nach Medienberichten schossen Soldaten in die Menge und stürmten mehrere Klöster buddhistischer Mönche. Unter den Toten war mindestens ein Ausländer - ein Pressefotograf aus Japan.
Zur Unterbindung weiterer Proteste hatten birmanische Soldaten bereits in der Nacht mehrere Klöster in der Hafenstadt Rangun gestürmt und mehr als 100 Mönche festgenommen. Augenzeugen berichteten, die Mönche seien geschlagen worden und schreiend aus den Klöstern abtransportiert worden. In der Nähe des Ngwe-Kyar-Yan- Klosters griffen etwa 1000 empörte Dorfbewohner einen Militärlaster mit Steinen an. Sie wurden mit Tränengas in die Flucht geschlagen. Die in Birma tief verehrten Mönche waren bislang die Speerspitze der größten Massenproteste seit Niederschlagung der Demokratiebewegung im Jahr 1988.
Wegen des gewaltsamen Vorgehens der Militärs kam es in mehreren Teilen Asiens zu Protesten. Vor der Botschaft in Australien ist es zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Etwa 100 Demonstranten versuchten am Freitag das Gebäude in Canberra zu stürmen, wurden jedoch von den Sicherheitskräften zurückgedrängt. Diesen nahmen einem Reuters-Korrespondenten zufolge mehrere Menschen fest und beschlagnahmten eine Axt. Die Demonstranten verbrannten daraufhin Fahnen und belegten die Botschaft mit einer Sitzblockade.
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