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Proteste im IranMehrere Verletzte und Tote

Die Proteste im Iran scheinen sich zuzuspitzen. Nach Behördenangaben sind zwei Menschen getötet worden. Die Proteste richten sich gegen die schlechte Wirtschaftslage.

Die Polizei geht gegen die Proteste am Samstag an der Universität von Teheran vor Foto: ap

Teheran ap | Bei den Protesten im Iran hat es offenbar erstmals Tote gegeben. Bei Zusammenstößen nach einer illegalen Versammlung in Dorud, 325 Kilometer südwestlich von Teheran seien zwei Demonstranten getötet worden, sagte der stellvertretende Sicherheitschef des Gouverneurs der Provinz Lorestan am Sonntag der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Mehr. In Arak, 200 Kilometer südlich der Hauptstadt wurden der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Ilna zufolge etwa 80 Demonstranten festgenommen.

Die Proteste im Iran richten sich gegen hohe Preise für Grundnahrungsmittel und sind die größten seit der umstrittenen Präsidentenwahl 2009. Sie begannen am Donnerstag in Maschhad, haben sich mittlerweile auf mehrere Städte ausgebreitet und erheben auch politische Forderungen.

Habibollah Chodschastepur sagte Mehr, die Demonstration in Dorud hätte friedlich enden sollen. Es seien jedoch Unruhestifter dort gewesen. Im Laufe der Nacht zu Sonntag seien zwei Bürger von Dorud getötet worden. Auf die Todesursache ging er nicht näher ein, versicherte jedoch, Polizei und Sicherheitskräfte hätten keine Kugeln auf die Menschenmenge abgefeuert.

Angeblich in Dorud aufgenommene Videos, die am Samstagabend im Internet kursierten, zeigten zu Boden gestürzte Demonstranten. Im Hintergrund waren Schüsse zu hören. Die Nachrichtenagentur AP konnte die Aufnahmen zunächst nicht überprüfen.

Ausländische Medien sollen Schuld sein

US-Präsident Donald Trump äußerte Sympathien für die Demonstranten. „Die Welt schaut hin“, twitterte er. Sie verstehe, dass das iranische Volk einen Wandel wolle. „Repressive Regime können nicht für immer bestehen, und der Tag wird kommen, an dem die iranische Bevölkerung vor einer Wahl steht“, schrieb Trump auf Twitter.

Das iranische Staatsfernsehen räumte am Samstag ein, dass es bisher auf Anordnung von oben nicht über Proteste berichtete habe. Einige Demonstranten hätten den Namen des früheren Schahs skandiert, der wegen der Islamischen Revolution 1979 ins Exil gegangen war.

Das Fernsehen warf konterrevolutionären Gruppen und ausländischen Medien vor, die wirtschaftlichen Probleme der Iraner und deren legitime Forderungen auszunutzen, um illegale Versammlungen zu ermöglichen und Chaos zu säen. In dem Bericht wurde aber betont, dass die Iraner das Recht zu Demonstrationen hätten.

Die iranische Wirtschaft hat sich seit dem Atomabkommen des Landes mit den UN-Vetomächten und Deutschland erholt. Allerdings hat die vom gemäßigten Präsidenten Hassan Ruhani 2015 ausgehandelte Aufhebung von Wirtschaftssanktionen im Gegenzug für eine eingeschränkte Urananreicherung vielen Durchschnittsiranern bisher nur wenig gebracht. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch hoch. Die Inflation liegt bei etwa zehn Prozent. Auslöser der Proteste war offenbar, dass die Preise für Eier und Geflügel um 40 Prozent nach oben schossen. Die Regierung führte den Anstieg auf Notschlachtungen aus Furcht vor der Vogelgrippe zurück.

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5 Kommentare

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  • Der Iran ist - ebenso wie die Türkei - eine Gesellschaft, die versucht islamische Werte mit westlicher Demokratie zu vereinen.

     

    Ein endgültiges Scheitern wäre in beiden Staaten schlimm. Brandstifter gibt es genug.

    • @A. Müllermilch:

      Ich möchte heftig bezweifeln, dass man in der Türkei noch „westliche Werte“ findet – Erdo hat sie gründlich ausgemerzt.

       

      Und was den Iran betrifft:

      Wenn Sie sich mal die Mühe machen, auf dem iranischen Propagandaorgan parsday.com nachzulesen, werden Sie erfahren, dass die schiitisch-islamische Staatsordnung allem, was es im „Westen“ gibt, haushoch überlegen sei. Deshalb ist es doch den Mullahs besonders peinlich, vom eigenen Volk Lügen gestraft zu werden!

  • "Diese Versammlungen sind illegal, wer daran teilnehme, könne problematische Konsequenzen erleiden." Warnte der Innenminister Abdulrahman Rahmani Fasli die Bürger vor der Teilnahme an Protesten gegenüber der Nachrichtenagentur Isna.

  • Können wir bitte alle "Donald Trump äusserte sich auf Twitter"-Zeilen zukünftig weglassen und den freien Platz für sinnvolle Hintergrundinfo nutzen? Danke!

    • @Konrad Ohneland:

      Schon mitgekriegt, dass dieser Donald Trump Präsident der USA ist und deshalb seinen Worten ein gewisses Gewicht zukommt, ob auf Twitter oder anderswie. Sich auf Twitter zu äußern, ist halt seine eigene Entscheidung. Ansonten würde es heißen: Donald Trum äußerte sich in der XY Zeitung, im Sender XY, etc.