Proteste gegen obersten Covidioten: Brasilien versus Bolsonaro
Zehntausende gehen in Brasilien für einen besseren Coronaschutz auf die Straße. Sie fordern zudem die Amtsenthebung des Präsidenten Jair Bolsonaro.
Verlässliche Angaben zu den Teilnehmerzahlen gab es nicht. Dem Sender Globo zufolge wurde aber in sämtlichen 26 Bundesstaaten und auch dem Hauptstadtdistrikt Brasília demonstriert. BBC Brasil sprach von Kundgebungen in mindestens 180 Städten, auch von Brasilianern im Ausland. Gegen Bolsonaro gibt es schon lange Vorwürfe, die Pandemie zu verharmlosen. Der Präsident hat derzeit die schlechtesten Zustimmungswerte seit Beginn seiner Amtszeit im Januar 2018/19.
Das 210-Millionen-Einwohner-Land gehört zu den Staaten, die besonders hart von der Pandemie betroffen sind. Inzwischen starben mit oder an dem Virus mehr als 461.000 Menschen. Nur in den USA liegt die Zahl noch höher. Die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche – liegt derzeit bei knapp 200.
Bolsonaro hatte die Pandemie von Anfang an verharmlost und von einer „gripinha“ („leichten Grippe“) gesprochen. Im Juli 2020 infizierte er sich selbst. Schutzmaßnahmen lehnt er – auch aus wirtschaftlichen Gründen – aber weiterhin ab. Mittlerweile zieht der Rechtspopulist auch den Sinn von Impfungen in Zweifel. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu seinem Coronakrisenmanagement läuft.
In Rio de Janeiro zogen Demonstranten von der Statue von Zumbi de Palmares los, einem Helden der afrobrasilianischen Menschenrechtsbewegung. In São Paulo, der größten Stadt des Landes, war die zentrale Avenida Paulista voller Menschen. In Recife im Nordosten setzte die Polizei Gummigeschosse und Tränengas ein. In Maceió, ebenfalls im Nordosten, trugen Demonstranten Spritzenmodelle mit Aufschriften wie „Weg mit Bolsonaro“ und „Impfung Ja“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!