Proteste gegen Ticketpreise in England: Wenn die Pfunde purzeln
In England wehren sich die Fußballfans gegen steigende Ticketpreise – mit Erfolg. Nach Liverpool senkt nun auch die FA die Preise.

Vor allem angesichts der exorbitanten Einnahmen können Verband und Klubs Preiserhöhungen nicht rechtfertigen: 5,136 Milliarden Pfund, rund sieben Milliarden Euro, verdient die Premier League in den kommenden drei Jahren durch ihren neuen TV-Vertrag. Mit den internationalen Übertragungsrechten kommt sie gar auf rund 10 Milliarden Euro.
Trotzdem sollte ein Platz auf Liverpools Haupttribüne 77 Pfund kosten, wie Liverpools Geschäftsführer Ian Ayre jüngst verkündete. Grund für so manchen Fan, hämisch zu werden. Im Internet kursiert ein Video, indem sich ein Anhänger echauffiert: „Ich zahle doch nicht so viel Geld, um Jordan Henderson den Ball gegen eine Mauer kicken zu sehen.“ Aus Protest verließen mehr als 10.000 Anhänger beim letzten Heimspiel gegen Sunderland in der 77. Minute das Stadion.
„Es war das erste Mal in der Geschichte des Klubs, dass Fans sich zu einer solchen Aktion durchringen konnten“, sagt Daniel Nicholson. „Wir fühlen uns müde und ausgebeutet“, sagt der 31-Jährige, der im Komitee der Spirit of Shankly, der größten Fangruppierung Liverpools, sitzt. 13 Monate haben sie mit Mitarbeitern der Reds zuvor zusammengesessen, um Lösungen in der Ticketfrage zu erzielen – ohne Erfolg. Nun sei eben keine andere Möglichkeit mehr geblieben. Dass der Teilboykott mittlerweile so hohe Wellen schlage, damit aber hat niemand gerechnet.
„Wir sind hier nicht beim Golf“
Die Football Supporters Federation (FSF), eine Dachorganisation der Fangruppen in England, unterstützte das Begehren. Der Vorsitzende Kevin Miles droht den englischen Vereinen weiterhin mit landesweiten Protestaktionen.
Diese Entwicklung hat sich die Liga selbst vorzuwerfen: Manager führen die Klubs wie ausschließlich gewinnorientierte Unternehmen; immer mehr Spiele zu immer ungewöhnlicheren Anstoßzeiten; immer teurere Transfers und höhere Spielergehälter bei gleichzeitiger Missachtung der Fanbedürfnisse. Das Fass war übergelaufen, die öffentliche Wahrnehmung ist groß, die Anhänger wittern ihre Chance.
Liverpools Fanprotest jedenfalls macht Hoffnung: Die Reds vergeigten nach der 77. Spielminute ohne die Unterstützung der Fans gegen den FC Sunderland eine 2:0-Führung, Sunderland kam noch zum Ausgleich. Jürgen Klopp, der ähnliche Debatten bereits aus seiner Zeit bei Borussia Dortmund kennt, stellte sich auf die Seite der Fans. Trainerkollege Slaven Bilic von West Ham United ergänzte: „Wir sind hier nicht beim Golf, Fußball ist ein Sport für jeden.“
Weitere Proteste geplant
Im Anschluss an das Spiel gegen Sunderland berief Liverpools Vereinsführung eine Dringlichkeitssitzung ein, die den Beschluss fasste, die Ticketpreise zumindest in den nächsten zwei Spielzeiten nicht weiter zu erhöhen. In einem offenen Brief gestand der Verein kleinlaut ein, „ein Teil unserer Ticketplanung lief falsch“. Diese Kehrtwende von Vereinsseite können sich die Fans sicherlich auf ihre Fahnen schreiben.
Andere Klubs hatten die Preise bereits zur laufenden Saison eingefroren: Dazu gehören etwa Arsenal, Crystal Palace, Manchester United, Norwich und Swansea, West Ham ging mit den Preisen sogar zurück.
Damit wollen sich die Fans jedoch nicht zufriedengeben, weitere Proteste mit dem Ziel der Preisreduzierung sind laut FSF geplant. Die Basis dafür sind die Erfolge der Liverpool-Fans.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale