Protestbrief nach Berlin wegen Pegida: Hamburgs AfD rebelliert

Vier Abgeordnete wollen nicht, dass AfDler bei Dresdner Pegida-Demos reden dürfen. Sie haben einen Protestbrief an den Bundesvorstand verfasst.

Pegida-Demonstrant vor Deutschland-Transparent

Ihretwegen spaltet sich die AfD vielleicht bald in Ost und West: Pegida Foto: dpa

HAMBURG taz | Er habe das irgendwann einfach nicht mehr mit ansehen können und wollte nicht mehr schweigen, sagt Jörn Kruse. Er ist Vizechef der Hamburger AfD-Fraktion und hat dem Berliner AfD-Vorstand am 6. März einen Protestbrief geschrieben. „Der Beschluss vom Wochenende über die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen AfD und Pegida ist eine Katastrophe für unsere Partei“, steht darin.

Hintergrund ist die Entscheidung des AfD-Konvents – des zweithöchsten Beschlussgremiums – AfD-Redner auf Pegida-Demonstrationen zu erlauben, sofern sie kein AfD-Symbol zeigen.

Dieser Beschluss, vom sachsen-anhaltischen Noch-AfD-Landes­chef André Poggenburg als „Meilenstein“ gefeiert, gilt zwar ausschließlich für Dresden. Doch das verstünden nicht alle, sagt Jörn Kruse, und auch die bisherige Medienberichterstattung zeige, dass der Beschluss als Freibrief für AfD-Auftritte bei Pegida und eine Kooperation mit Pegida ankomme.

Das könne richtig Wählerstimmen kosten, vor allem im Westen, sagt Kruse. Denn „auch wenn Pegida Dresden früher einmal eine bürgerliche Demo war, ist der Name heute in der öffentlichen Wahrnehmung eine ,rechtsradikale Gruppe aus dem Osten.'“ Abgesehen davon sei der Beschluss überflüssig, „denn die Stimmen der Pegida-Leute haben wir ohnehin“.

Kruses Hauptsorge gilt den Wählern in Westdeutschland, die sich mit diesen „Übeltätern im Osten“ nicht identifizieren wollten und in Scharen davonliefen beziehungsweise gar nicht erst kämen.

Sorge um Kontakte zum Bürgertum

Als Hamburger denkt er hier auch an das „mehrheits­bringende Bürgertum. Wir hatten gute Kontakte und haben Spenden bekommen“, sagt er. Nach dem AfD-Parteitag in Essen im Juli 2015, bei dem der rechte Flügel um Frauke Petry die Oberhand gewann, seien die dann komplett weggebrochen.

Nun glaubt Kruse zwar nicht, dass diese Geldgeber sofort wiederkommen, nur weil er jetzt einen bösen Brief verschickt hat. Aber ein Zeichen setzen wolle er doch, „sonst riskieren wir eine Parteispaltung in Ost und West“.

Eine ernste Drohung könne das allerdings nicht sein, räumt er ein. „Ich bin ja gar nicht in der Lage, eine Spaltung herbeizuführen.“ Aber die Unabhängigkeit seiner Partei dürfe „niemals zu Gunsten Dritter oder vermeintlich Ähnlichdenkender aufgegeben werden“, heißt es in dem Brief.

Warum haben die westdeutschen Landesverbände – gegenüber den ostdeutschen im Konvent in der Mehrheit – die Entscheidung eigentlich nicht verhindert? „Am vorigen Wochenende sind die Westverbände wohl nicht hinreichend vertreten gewesen“, sagt Kruse. Auch von Hamburgs AfD sei niemand angereist, „weil es auf unserem letzten Parteitag nicht gelungen ist, einen Konventsvertreter zu wählen“.

Drei Unterschriften fehlen

Weiterer Wermutstropfen: Mit Detlef Ehlebracht, Peter Lorkowski, Harald Feineis und Jörn Kruse haben nur vier der sieben Hamburger AfD-Abgeordneten den Protestbrief unterschrieben. Kruse sagt, er habe die verbleibenden – Alexander Wolf, Dirk Nockemann und Andrea Oelschläger – nicht schnell genug erreicht, zum Teil aufgrund von deren Urlaub. Er wisse aber von allen, „dass sie meine Meinung in dieser Frage inhaltlich teilen“.

Andrea Oelschläger stellt es etwas anders dar. Ihr habe die interne Klarstellung der AfD-Bundessprecher vom 5. März an die AfD-Mitglieder und -Förderer, genügt. „Aus diesem Grunde hielt ich einen öffentlichen Brief nicht für notwendig“, sagt sie.

Allerdings geht das Gauland'sche „Klarstellungs-Schreiben“ nicht auf die öffentliche Wirkung des Beschlusses ein. „Und die ist für jede Partei, die gewählt werden will, zentral“, sagt Kruse. „Deshalb haben wir unseren Brief, der überwiegend schon am Vortag geschrieben wurde, am 6. März verschickt“, sagt Kruse.

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