Protestbewegung in Hongkong: 26 Festnahmen in Kowloon
In der Nacht zu Samstag besetzten tausende Demonstranten Straßenzüge Straßenzüge eines Geschäftsviertels. Die Polizei reagierte mit Pfefferspray und Schlagstöcken.
HONGKONG dpa | Bei den seit drei Wochen anhaltenden Demonstrationen für mehr Demokratie in Hongkong ist es in der Nacht zum Samstag zu neuen Zwischenfällen gekommen. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Aktivisten wurden nach Angaben der Polizei 26 Menschen festgenommen worden. Allein 15 Beamte seien verletzt worden, hieß es am Samstag in einer Mitteilung der Polizei. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein.
Nach der Räumung eines Hauptprotestlagers besetzten rund 9.000 Demonstranten in der Nacht wieder Straßenzüge im Geschäftsviertel Mong Kok auf der Halbinsel Kowloon. Dort hatten Polizisten Stunden am Freitagmorgen die Barrikaden geräumt. Am Samstagmorgen sicherten Hundertschaften der Polizei das Viertel. Doch konnten nicht alle Straßen wieder normal für den Verkehr geöffnet werden.
Die Demonstranten fordern mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Die kommunistische Führung in Peking will zwar 2017 erstmals direkte Wahlen zulassen, verweigert aber eine freie Nominierung der Kandidaten. Seit der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong unter chinesischer Souveränität als eigenes Territorium autonom regiert.
Nahe der anderen Protestlagern in Admiralty und Causeway Bay auf der Insel Hongkong, wo die meisten Demonstranten ausharren, kam es in der Nacht auch zu Zwischenfällen. Aktivisten versuchten nach Mitternacht erneut, die wichtige Lung-Wo-Straße nahe des Regierungssitzes zu blockieren. Doch schritt die Polizei sofort ein.
Die neuen Zusammenstöße überschatten die Aussichten für den Dialog zwischen Regierung und Demonstranten, der voraussichtlich für Dienstag geplant ist. Die Hongkonger Regierung besteht darauf, dass an der beschlossenen Wahlreform des Pekinger Volkskongresses nicht gerüttelt werden kann, während die Studenten aber eine Rücknahme des Vorhabens und eine freie Nominierung der Kandidaten fordern.
Nach den nächtlichen Zwischenfällen forderte die Occupy-Central-Bewegung alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Gleichzeitig wurde die Räumung von Barrikaden verurteilt. Mit den Studenten ist die Occupy-Bewegung eine der Triebkräfte der Proteste. Die Studenten werfen der Regierung vor, mit dem Vorgehen der Polizei und der Räumung von Straßensperren für Unruhe sorgen zu wollen, damit der Dialog scheitert. Das wollten die Studenten aber nicht zulassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“