Protestaktion in Saudi-Arabien: Freie Fahrt für freie Frauen
Autofahren ist für Frauen in Saudi-Arabien verboten. Um das zu ändern hat eine Initiative zu einem Protesttag und illegalen Fahrten aufgerufen. Doch einige Männer drohen mit Gewalt.
RIAD/ISTANBUL dpa/afp | Dutzende langbärtige Islam-Polizisten sind in Riad aufmarschiert, um Frauen am Autofahren zu hindern. Augenzeugen in der saudischen Hauptstadt sahen die Vertreter der Behörde für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters rund um die König-Abdulasis-Straße.
Mehrere Frauen in Saudi-Arabien haben sich am Freitag laut Berichten im Internet hinter das Steuer gesetzt, um gegen das Autofahrverbot zu protestieren. Sie reagierten damit auf einen Aufruf der Internet-Kampagne Women2Drive, sich am 17. Juni möglichst umfangreich selbst Auto zu fahren und damit den Druck auf die Regierung zu erhöhen, das Verbot für Frauen endlich abzuschaffen. In Internet-Foren wurden von ersten Frauen-Fahrten berichtet.
Am frühen Morgen hatte eine saudische Frau bereits ein Video auf Youtube veröffentlicht, das sie bei einer Autofahrt zeigt. Sie erklärt, sie habe die Aufnahme an diesem Freitag vor Sonnenaufgang in Riad gemacht.
Die Organisatorinnen der Fahrproteste betonen, dass es in Saudi-Arabien kein Gesetz gibt, das Frauen das Fahren verbietet, sondern lediglich eine als Fahrverbot interpretierte Fatwa – ein religiöses Rechtsgutachten. Dieses macht das Fortkommen für Frauen zu einem schwierigen Unterfangen: Entweder müssen sie sich von den Männern aus ihrer Familie fahren lassen oder Chauffeure engagieren – und das, obwohl viele Frauen schon längst im Ausland ihren Führerschein gemacht haben.
"Ich rechne nicht mit einem Großereignis"
Frauenrechtsaktivistin Wadschiha el Huwaider glaubte allerdings nicht, dass der Aufruf von Women2Drive massiv befolgt wird: "Ich rechne nicht mit einem Großereignis, wie sich die Menschen im Ausland das vielleicht vorstellen", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Die jüngsten Festnahmen mehrerer Aktivistinnen, die dem Verbot öffentlich getrotzt hatten, habe viele Frauen eingeschüchtert.
Zahlreiche Islamgelehrte hatten sich in den vergangenen Wochen gegen eine Aufhebung des Verbots ausgesprochen, das mit den "Traditionen des Königreichs" begründet wird. Eine alleinerziehende, berufstätige Mutter aus der saudischen Ost-Provinz hatte im Mai mehrere Tage in einem Frauengefängnis verbracht, nachdem sie mit dem Auto gefahren war.
Eine Gruppe saudischer Männer hatte zuletzt erklärt, sie wollten das Fahrverbot notfalls mit Gewalt durchsetzen. Sie wollten die widerspenstigen Frauen mit den schwarzen Riemen schlagen, mit denen arabische Männer ihre traditionelle Kopfbedeckung befestigen.
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