Protestaktion „Ende Gelände“: Ausblick vom Bagger
Über 1.500 Menschen erreichten die Förderanlagen praktisch ohne Widerstand. Die Besetzung ist aber noch nicht vorbei.
Einen Tag früher als zunächst angekündigt machten sich die KlimaschützerInnen am Freitag Mittag auf den Weg, aufgeteilt in drei Gruppen, überwiegend gekleidet in weiße Schutzanzüge und ausgerüstet mit Staubschutzmasken, Strohsäcken und Transparenten. Wegen der großen Beteiligung aus anderen Ländern wird überwiegend englisch gesprochen. „What do we want? Climate justice!“, rufen sie auf ihrem kilometerlangen Marsch. Und: „Leave the coal in the ground!“
Am frühen Nachmittag haben sie das Ziel erreicht: Zwei Gruppen gehen in den Tagebau hinein, einige klettern auf die riesigen Bagger, die sonst die Kohle aus dem Grund holen, andere tanzen zu den Klängen einer Sambaband auf den Förderbändern, auf denen an anderen Tagen der klimaschädliche Brennstoff abtransportiert wird. Eine dritte Gruppe besetzt außerhalb des Tagebaus die Schienen, über die normalerweise die Braunkohle abtransportiert wird. Auch hier beschränken sich die wenigen Polizisten und Vattenfall-Mitarbeiter darauf, die Situation zu beobachten.
„Wir haben uns wie angekündigt zurückgehalten“, sagte die Sprecherin der zuständigen Polizei Cottbus, Iris Filohn. „So ein großes Gebiet lässt sich ohnehin nicht schützen.“ Weil das Tagebau-Gelände nicht eingezäunt ist, stelle das Betreten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft keinen Hausfriedensbruch dar, sagte Filohn der taz. Auch Nötigung sei nicht gegeben, weil der Tagebau-Betrieb aufgrund der angekündigten Proteste vorsorglich eingestellt worden sei. Die Einsatzkräfte konzentrierten sich daher darauf, die Aktionen mit Kameras zu dokumentieren, um später mögliche Sachbeschädigungen verfolgen zu können.
Die Besetzung geht weiter
Der Betreiber-Konzern Vattenfall sieht die Aktion weniger entspannt. „Unsere Aufforderung, das Firmengelände nicht zu betreten, ist ignoriert worden“, sagte Firmensprecher Thoralf Schirmer der taz. „Diejenigen, die es betreten haben, zeigen ein unverantwortliches Verhalten und riskieren anderer Leute Gesundheit.“ Dass Unternehmen sei froh, dass bisher niemand zu Schaden gekommen sei.
Schirmer bestätigte, dass der Tagebau am Freitag „planmäßig nicht in Betrieb“ war. Dazu habe sich das Unternehmen „auch im wegen der speziellen Lage an diesem Wochenende“ entschlossen. Auf die Versorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe, das vom Tagebau Welzow aus mit Kohle beliefert wird, hatten die Proteste bisher aber keine Auswirkungen, sagte Schirmer. Ob es dabei bleibt, ist offen. Die Kohlevorräte langen im Normalfall für einen Tag.
Die Besetzung soll aber am Samstag fortgesetzt werden. Und einige der Protestierer stellten sich offenbar darauf ein, auf den Baggern oder auf den Gleisen zu verbringen. Wie Polizei und Unternehmen darauf reagieren werden, war am Freitagabend noch offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist