Protest mit Konzert ohne Kopftuch: Mutige Sängerin nach Konzert in Iran festgenommen
Parastoo Ahmadi performte ein Konzert ohne Kopftuch. Für sie spiegelt es die Sehnsucht nach Freiheit und die Kraft des künstlerischen Widerstands wider.
In einem langen, schwarzen Kleid steht Parastoo Ahmadi in einer Karawanserei und gibt ein Konzert, das live auf Youtube ausgestrahlt wird. Ihre Stimme hallt in dem historischen Setting, ihre Haare wehen im Wind. Es wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normales Musikvideo – doch alles daran ist verboten.
Ahmadi performt dieses Konzert in der Islamischen Republik Iran, das Frauen seit 1979 verbietet, in der Öffentlichkeit zu singen, und in der Frauen, die keinen Hidschab tragen, in den Gefängnissen ausgepeitscht werden. Sie eröffnete ihr Konzert mit den Worten: „Ich bin Parastoo, ein Mädchen, das für die Menschen singen will, die es liebt. Das ist ein Recht, auf das ich nicht verzichten konnte.“ Für dieses Recht wird sie gemeinsam mit weiteren Bandmitgliedern zwischenzeitlich festgenommen.
Die 27-jährige Parastoo Ahmadi steht für die „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung, die seit den landesweiten Protesten 2022 anhält. Sie steht für die Zukunft Irans – ein Land, in der Frauen gleichberechtigt sind und nicht in einem System der Gender-Apartheid unterdrückt werden. Ihr Gesang ist eine Liebeserklärung an ihr Land.
Parastoo Ahmadi, geboren 1997 in Nouschahr, ist Sängerin, Aktivistin und mittlerweile Symbolfigur des Widerstands in Iran. Ihr Mut, mit einer unverhüllten Performance die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit auszuloten, hat sie in den Fokus der Öffentlichkeit und der iranischen Behörden gerückt. Mehr als 1,5 Millionen Aufrufe hat ihr Konzert auf Youtube in nur wenigen Tagen gesammelt – trotz Sperrung der Plattform in Iran.
Das hatte unmittelbare Konsequenzen: Regimekräfte nahmen sie und weitere Bandmitglieder fest. Zwar wurde sie dem Exilmedium „Iran International“ zufolge nach einem Tag wieder freigelassen, doch die Justiz der Islamischen Republik kündigte an, „angemessene Maßnahmen“ gegen die Sängerin und ihr Team zu ergreifen.
Dies war nicht das erste Mal, dass Parastoo Ahmadi ins Visier der Behörden geriet. Bereits 2022 hatte sie während der landesweiten „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste eine bewegende Interpretation des Liedes Az Khoon-e Javanan-e Vatan („Aus dem Blut der Jugend der Nation“) performt. Daraufhin wurde sie vorgeladen und ihre Wohnung wurde durchsucht. Dennoch ließ sie sich nicht einschüchtern.
Die Verköperung einer unerschütterlichen Willen Generation
Parastoo Ahmadi verkörpert den unerschütterlichen Willen einer Generation, die nicht mehr bereit ist, sich den Unterdrückungsmechanismen des Regimes zu beugen. Ihr künstlerischer Werdegang – ein Regiestudium an der Sooreh-Universität, Jahre des Klavierspiels und das Covern von Songs auf Instagram – zeigt die Bandbreite ihres Talents. Gleichzeitig betont sie immer wieder, dass ihre Kunst untrennbar mit ihrer politischen Haltung verbunden ist.
Ihr imaginäres Konzert – wie sie es nennt – wurde zu einem der meistdiskutierten Themen in den sozialen Medien. Es spiegelt die Sehnsucht nach Freiheit und die Kraft des künstlerischen Widerstands wider. Ahmadis Auftritt reiht sich in eine Tradition mutiger Musiker:innen ein, die in Iran für Veränderungen einstehen, darunter Shervin Hajipour, Zara Esmaili und Toomaj Salehi, die allesamt wegen ihrer Musik inhaftiert wurden.
Mit ihrem Konzert hat Ahmadi nicht nur Mut bewiesen, sich gegen ein repressives System zu stellen, sondern auch eine Vision für einen neuen Iran entworfen: ein Land, das Geschichte und Zukunft vereint, wo Freiheit, Gleichheit und Kunst gedeihen. „Frau, Leben, Freiheit“ – diese Worte, die zum Leitspruch der Protestbewegung geworden sind, werden durch Ahmadis Mut und Musik lebendig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart