Protest gegen chinesische Kontrollbehörden: Selbstüberwachung nicht erwünscht

Der chinesische Künstler und Aktivist Ai Weiwei muss die selbst installierten Kontrollkameras in seinem Haus entfernen. Auch seine Website schalteten die Behörden ab.

Überwachung: Mit Kameras beobachten die chinesischen Behörden das Haus Ai Weiweis. Bild: dpa

BERLIN taz | Überwacht wird er, aber Selbstüberwachung ist nicht erlaubt: Am Mittwochabend teilten die chinesischen Behörden dem Künstler und Aktivisten Ai Weiwei mit, er müsse die vier Webcams in seinem Haus abschalten.

Ai Weiwei hatte die Kameras am Dienstag als Protest gegen seine ständige Beobachtung eigenständig in seinem Haus installiert. 46 Stunden nach der Inbetriebnahme der Kameras habe Ai Weiwei eine „deutliche Anweisung“ erhalten, die Webcams abzuschalten. Das teilte der Künstler der Nachrichtenagentur afp mit.

Seine erste Reaktion in einem Interview mit dem englischen Radiosender Radio 4 war: „Ich werde nicht abgeschaltet.“ Einige Stunden später waren die Bilder der Webcams jedoch schwarz. Mittlerweile ist auch die Website des Künstlers www.weiweicam.com nicht mehr abrufbar.

Gegenüber The Guardian sagte Ai Weiwei, er sei von der Entscheidung der chinesischen Behörden nicht enttäuscht. Mehr habe er nicht erwartet: „Das hier ist ein Lebensbereich, in dem keine deutlichen Gesetze, Erklärungen und Diskussionen existieren. Es gibt einfach einen Mangel an Kommunikation,“ sagte er.

Selbstüberwachung als Protest

Am Mittwochnachmittag hatten die Kameras den Künstler noch an seinem Schreibtisch gezeigt. Seine Katze hatte sich an die Tastatur geschmiegt. Die anderen drei Webcams zeigten sein Bett, sein Atelier und den Innenhof. Zeitweise waren am Mittwoch auf dem Innenhof drei junge Männer zu sehen, die es sich dort gemütlich gemacht hatten und in die Kamera lachten.

Indem Ai Weiwei die Kameras auf sich selbst richtete, machte er das, was die Behörden während seiner Gefangenschaft im vergangenen Jahr getan hatten. Im Gefängnis war eine Kamera direkt über seinem Bett angebracht. Zwei Soldaten standen Tag und Nacht neben ihm.

Kontrolle rund um die Uhr

Die Webcams hatte Ai Weiwei am Dienstag, dem ersten Jahrestag seiner Verhaftung, installiert. Am 3. April 2011 war er verhaftet und, wie später bekannt wurde, auf dem Flughafen von Beijing eingesperrt worden. Lange Zeit wusste niemand, wo er war.

Nach 81 Tagen war der Künstler auf Kaution entlassen worden. Ein Jahr lang muss er in Beijing bleiben. Seit der Entlassung wird er rund um die Uhr überwacht. Nach Angabe Ai Weiweis befänden sich in einem Umkreis von hundert Metern um sein Haus 15 Überwachungskameras. Vor der Tür stünden ununterbrochen Wächter. Das Telefon werde abgehört.

„Keine Geheimnisse“

Als Erklärung für seine Selbstüberwachung sagte Ai Weiwei, die Kameras seien ein Geschenk für seine Freunde und seine Familie. Sie könnten sich Sorgen machen, dass ihm ein Jahr nach der Verhaftung wieder etwas passiere.

Zugleich seien die Webcams aber auch ein Geschenk für die Behörden, die ihn überwachten. Ihnen wolle er ihre Arbeit erleichtern, da er „keine Geheimnisse“ habe.

Diese Hilfsbereitschaft wurde den Behörden aber anscheinend zu viel. „Sie bekamen Angst und wussten nicht genau, wie sie mit der Situation umgehen sollten“, so der Künstler.

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