Protest gegen Terror-Paragraphen: Polizei macht Demo zur Schnecke

Die Hamburger Polizei sorgt dafür, dass der Protest gegen den Paragrafen 129 a nur langsam voran kommt. Als die Veranstalter die Demo auflösen, gibt es Auseinandersetzungen.

Die Hamburger Demonstration wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.

HAMBURG taz Es ist selbst für Hamburger Verhältnisse ein Schauspiel der Superlative: Vorneweg dutzende Polizisten in Kampfmontur, hinterher eine Hundertschaft, am Rande der Demonstration auf jeder Seite zwei Reihen Polizeispalier - alles zusammen bildet einen robusten Polizeikessel. Dazu patrouillieren Festnahme-Einheiten, die jederzeit zum Eingreifen bereit sind, was auch mehrfach geschieht. Außer kleinen Rangeleien kommt es aber zu keinen Auseinandersetzungen.

Jeden kleinsten Verstoß gegen Auflagen nutzt die Polizei, die Antirepressionsdemo zu stoppen: Hier verdeckt ein Schal zu sehr ein Gesicht, so dass "Vermummung" vorliegt. Dort hüpfen einige Teilnehmer verbotenerweise. Ein massives Polizeiaufgebot von 3.000 Beamten mit Wasserwerfern und Räumpanzern hat Samstag eine Demonstration gegen staatliche Repression faktisch verhindert. Zu dem bundesweiten Protest, der sich gegen den Paragrafen 129a Strafgesetzbuch ("Bildung einer terroristischen Vereinigung") richtete, hatten sich mittags mehr als 3.500 Menschen vor dem autonomen Stadtteilzentrum Rote Flora versammelt. Anlass der Demonstration war die Häufung von Ermittlungsverfahren nach 129a in diesem Jahr. So waren im Frühjahr Wohnungen und Büros von G-8-Gipfel-Gegnern durchsucht worden, denen Brandanschläge auf Pkws von Wirtschaftsrepräsentanten vorgeworfen worden waren. Wenig später waren Ermittlungen gegen mutmaßliche Rüstungsgegner im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe sowie in Berlin und Hamburg eingeleitet worden, die Bundeswehrfahrzeuge angezündet haben sollen. Beide Paragraf-129a-Verfahren laufen noch. Zuletzt sorgte das 129a-Verfahren gegen die "militante gruppe" (mg) für Aufsehen, da der Bundesgerichtshof die Haftentlassung von drei Beschuldigten anordnete. Die Richter begründeten den Schritt damit, dass das Anzünden von Bundeswehrfahrzeugen die Staatsordnung "nicht erschüttere" und somit nicht unter den Paragrafen 129a Strafgesetzbuch falle.

Für die Veranstalter war das polizeiliche Agieren am Samstag jedoch Grund um die Versammlung vorzeitig aufzulösen. Die Teilnehmer brauchten für einen Kilometer fast vier Stunden. "Es ist unerträglich, unter diesen Bedingungen weiterzugehen", sagte Anmelder Andreas Blechschmidt von der Roten Flora. Es habe offensichtlich "politische Vorgaben für das Polizeiagieren" gegeben, "uns nicht in die Innenstadt zu lassen".

Nach der Auflösung der Demonstration kam es dann an mehreren Orten zu Scharmützeln mit der Polizei. Bilanz: 109 Personen sind in Gewahrsam und 30 festgenommen worden. 392 Platzverweise wurden ausgesprochen.

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