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Protest gegen SparpaketKein Keks für Carstensen

Um gegen Kürzungen in der Suchthilfe zu protestieren, schenken Beratungsstellen Alkohol vor dem Kieler Landtag aus. Der pocht auf sein Hausrecht und verbietet selbst das Kekse-Verteilen.

Die Stehtische und Schirme haben die Sozialarbeiter um acht Uhr morgens von einem Eventmanager bringen lassen. Jetzt steht Anja Lohse vom Suchtberatungsnetzwerk Therapiehilfe e.V. auf dem Bürgersteig vor dem Kieler Landeshaus, neben entkorkten Weinflaschen und Gläsern. Das Schild, das sie an einen Baum gelehnt hat, hält noch. "Peters Eck" steht darauf. Das andere Schild "Zum Kabinett" haben Regen und Wind schon zusammenbrechen lassen.

Lohse trägt Windjacke und Kurzhaarschnitt, nach zwanzig Jahren Berufsleben in der Suchthilfe gehe sie das erste Mal wieder demonstrieren, sagt sie. Ein schwarzer Mercedes rollt in die Einfahrt zum Landeshaus vor. Mit dem Flyer in der vorgestreckten Hand marschiert sie zum Beifahrerfenster. Der Wagen wird langsamer, dann gibt er Gas. "Wichser", sagt sie und hebt ihre Arme.

"Kasse leer, Flasche voll" haben die Sozialarbeiter ihre Aktion genannt. Als Zeichen dafür, dass Suchtkranke künftig "leichter an Alkohol als an Beratung herankommen", soll an den Stehtischen ausgeschenkt werden. Um jeweils fünfzehn Prozent will die schleswig-holsteinische Landesregierung den Etat für die Suchthilfe in den kommenden zwei Jahren kürzen und so bei den Wohlfahrtsverbänden insgesamt 1,25 Millionen Euro einsparen. Die kleineren der landesweit rund sechzig geförderten Beratungsstellen trifft das besonders, sagt Joachim Teipel von der Rendsburger "Droge 70". Für zehn bis zwanzig Prozent von ihnen hätten die Kürzungen "existentielle Auswirkungen".

Im Städtchen Itzehoe etwa, sagt Anja Lohse, werde für Suchtberatung und -prävention weniger als eine volle Stelle finanziert. Dieses Angebot werde vielleicht ganz eingestellt. Betroffene von Alkohol- und Drogenproblemen müssten dann erst in eine andere Ortschaft fahren, bevor sie Hilfe bekommen.

Die Demonstration vor dem Landeshaus hatten die Sozialarbeiter bei der Stadt angemeldet, am Morgen waren sie aber von der Polizei vom Vorplatz geschickt worden. Nur mit Einvernehmen des Hauses sei das Betreten der breiten Zufahrt erlaubt, erklärt ein Polizist, auch wenn schon viele andere Proteste genau dort stattfanden: "Jede Demonstration wird anders einsortiert."

Am Seiteneingang des Landtags hat sich eine kleine Gruppe von Sozialarbeitern versammelt, jeder hat ein paar Glückskekse in der Hand. "Sie haben einen Beratungstermin im Jahr 2012 gewonnen", lautet die eingebackene Botschaft. Ein Polizist ist aufgetaucht. "Mögen sie das Grundstück verlassen", sagt er. "Wir sind angerufen worden. Das mögen die Leute, die hier arbeiten, nicht so."

Die Gruppe wendet sich zum Gehen, eine ältere Dame mit blonder Dauerwelle schaut rüber zum Parkplatz. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist ausgestiegen. Sie dreht um: "Hallo Herr Carstensen!" Er geht zügig, senkt den Kopf: "Guten Morgen heißt das erstmal." Sie hält ihm das Plastik-Päckchen hin: "Darf ich Ihnen einen Glückskeks geben?" Carstensen macht große Schritte, ist fast an ihr vorbei: "Nein", sagt er und geht hinein.

An den Stehtischen bleibt der Wein stehen. Es ist keiner da, der trinken möchte.

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