Protest gegen Schließung: Das große Eisschlecken für Multikulti

Die Schließung von Radio Multikulti zeige die Unfähigkeit der RBB-Intendantin, einen Hauptstadtsender zu leiten, meinen Fans und Freunde der Radiowelle. Und feiern mit Konzerten und orangefarbenem Speiseeis dagegen an.

Konzerte, Diskussionen, Appelle: Mit einer "Herbstoffensive" will der "Freundeskreis radiomultikulti" die Schließung der RBB-Welle noch verhindern. Im Mai hatte der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg die Einstellung des multikulturellen Radios sowie des TV-Magazins "Polylux" zum Jahresende angekündigt. Hintergrund sind nötige Einsparungen von 54 Millionen Euro. Der Beschluss hatte bundesweit zu heftigen Protesten aus der Politik und von Migrantenverbänden geführt. Radiomultikulti sendet neben Deutsch in zwanzig weiteren Sprachen und richtet sich damit und mit seinem Weltmusikprogramm explizit an BerlinerInnen jeder Herkunft.

20.000 Unterschriften gegen die drohende Schließung hat der Freundeskreis Radiomultikulti, der sich im Juni aus Hörer- und UnterstützerInnen formierte, bereits gesammelt. Nun soll der Widerstand gebündelt und massiver werden. Ein Konzert in der Werkstatt der Kulturen am Freitag ist der Auftakt. Zu den 22 Bands, die dort spielen, gehören Daveman, die Marycones, Pescadores de Ventanas, das Trio Fado, Shazam sowie die Hausband von radiomultikulti, Los Multikultis. Die Bands treten unentgeltlich auf, denn, so Philippa Ebéné von der Werkstatt der Kulturen: "Für sie und viele andere Gruppen aus dem kulturellen Leben Berlins stellt die Schließung von Radio Multikulti eine existenzielle Bedrohung dar." Viele AkteurInnen des multikulturellen Kulturangebots der Hauptstadt fänden nur bei Radio Multikulti Beachtung.

Auch deshalb unterstützt die Werkstatt der Kulturen den Protest gegen die Schließung der Welle - ebenso wie das Haus der Kulturen der Welt und der Rat der Künste. Auch der Migrationsrat Berlin, Dachverband von 60 Migrantenvereinen, beteiligt sich am Widerstand und lässt dem Konzert am Freitag eine Diskussionsveranstaltung am Samstag folgen - Thema: "Medien und Minoritäten". Auf dem Völkerball, der jährlichen Radiomultikultiparty, die am Samstag kommender Woche in der Kulturbrauerei stattfindet, sollen die Aktionen des Freundeskreises fortgesetzt werden - wie, das bleibt bis dahin geheim. Auch eine Soli-CD erscheint zu diesem Termin. Zudem unterstützt künftig ein Kinospot die Kampagne der Schließungsgegner, und mancherorts kann sogar protestgeschleckt werden: Elf Berliner Eisdielen bieten mittlerweile orangefarbenes "Radiomultikulti muss bleiben"-Eis an.

RBB-Intendantin Dagmar Reim erinnere ihn an die grauen Männer aus dem Buch "Momo", sagt Nikolaus Huss vom Freundeskreis radiomultikulti: "Sie stiehlt den BerlinerInnen Fantasie und Lebensfreude." Die Entscheidung, ausgerechnet Radiomultikulti und die TV-Sendung "Polylux" einzustellen, mit der zudem nur ein knappes Drittel der notwendigen Einsparungen erreicht sei, zeige, so Huss, dass Reim Ideen und Visionen zur Führung eines modernen Hauptstadtprogramms fehlten: "Wir wollen kein öffentlich-rechtliches RTL!" Der Freundeskreis fordert deshalb ein Moratorium - und einen runden Tisch, an dem neben RBB-Vertretern auch Repräsentanten der von der Schließung betroffenen gesellschaftlichen Gruppen sitzen sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.