Protest gegen Regierungspolitik: Generalstreik legt Italien lahm
Flieger heben nicht ab, Bussen fahren nicht, Schulen sind zu: Mit einem Generalstreik protestieren Gewerkschaften gegen die Kürzungspolitik von Premier Renzi.
ROM afp/dpa | Mit einem Generalstreik haben Zehntausende Menschen in ganz Italien gegen die Reformen von Regierungschef Matteo Renzi protestiert und das öffentliche Leben teilweise lahmgelegt. Betroffen von dem achtstündigen Arbeitskampf waren am Freitag sowohl der Nahverkehr, Bahn- und Flugverbindungen als auch Schulen und Krankenhäuser.
In mehr als 50 Städten gab es Demonstrationen unter dem Motto „So geht es nicht“. In Mailand gerieten Polizei und Protestierer aneinander. Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach von „großen Spannungen“ zwischen der Regierung und den Gewerkschaften, die „nicht gut für das Land“ seien.
Die größten Gewerkschaftsbündnisse CGIL und UIL erklärten, dass 50 Prozent der Bahn- und Flugverbindungen und 70 Prozent der Verbindungen im Nahverkehr betroffen seien. Die Streikbeteiligung in der Industrie würde bei insgesamt 70 Prozent liegen. Auch Flüge von und nach Deutschland mussten gestrichen werden. Bei der Lufthansa war die Tochter Air Dolomiti betroffen, die von München aus fliegt. Bei Air Berlin mussten ebenfalls einige Flüge ausfallen.
In Rom brach der öffentliche Nahverkehr zusammen, nachdem die U-Bahn und Busse bestreikt wurden und sich mehrere Großdemonstration durch die Stadt schlängelten.
Eine Stunde verkürzt
Am Donnerstagabend hatte Verkehrsminister Maurizio Lapi im letzten Augenblick eine von ihm angeordnete zwangsweise Arbeitsverpflichtung der Eisenbahner wieder zurückgenommen. Die Gewerkschaften, die gegen den Angriff auf ihr Streikrecht protestiert hatten, verkürzten daraufhin den von ihnen ausgerufenen achtstündigen Generalstreik um eine Stunde bis 15 statt bis 16 Uhr. Lapi ist Mitglied der Neuen rechten Mitte (NCD), einer Abspaltung der Forza Italia des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi.
Dem Aufruf zum Generalstreik des linksorientierten Gewerkschaftsbunds CGIL und des gemäßigten UIL-Verbands schloss sich später auch die kleinere rechtsgerichtete UGL an. Die gemäßigt-katholische CISL nahm nicht an der Streikbewegung teil. Diese protestiert vor allem gegen den sogenannten Jobs Act, ein in der vergangenen Woche verabschiedetes Gesetz, das eine Lockerung des Kündigungsschutzes vorsieht und den Anspruch auf Wiedereinstellung bei ungerechtfertigten Entlassungen beschränkt.
Die Arbeitsniederlegungen richten sich auch gegen die vom Kabinett Renzi vorgesehenen Ausgabenkürzungen in dem für 2015 geplanten Haushalt. Die Gewerkschaften verlangen zudem mehr Investitionen, um das Wirtschaftswachstum in Italien anzukurbeln. Italien steckt in einer der schwersten Rezessionen der Nachkriegszeit.
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