piwik no script img

Protest gegen Polizeigewalt in KeniaDie Regierung online kritisieren ist lebensgefährlich

Wieder ist in Kenia ein Online-Aktivist in Polizeigewahrsam ums Leben gekommen. Ein Jahr nach blutigen Unruhen nimmt die staatliche Härte erneut zu.

Demonstranten reagieren auf den Tod des kenianischen Bloggers Albert Ojwang, der in Polizeigewahrsam starb, in Nairobi, 9. 6. 2025

Kampala taz | „Hört auf, uns umzubringen!“, steht auf einem Plakat, das Demonstranten in Kenias Hauptstadt Nairobi hochhalten. „Stoppt das Töten durch Polizeikräfte“, steht auf einem anderen. Wieder einmal ist in Kenia ein Onlineaktivist in Polizeigewahrsam ums Leben gekommen. Albert Omondi Ojwang, 31 Jahre alt, Lehrer von Beruf, wurde am vergangenen Freitag in seiner Heimatstadt Homa Bay im Westen des Landes verhaftet, weil er online Kritik an Vize-Polizeichef Eliud Lagat geübt haben soll. Er überlebte das nicht.

Ojwang wurde am Samstag nach Nairobi transportiert und in eine Zelle in der zentralen Polizeistation gebracht. Laut Kenias Polizeisprecher soll er in seiner Zelle den Kopf „gegen die Wand geschlagen“ haben. Er sei daraufhin ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte. Seine Angehörigen hingegen beschuldigen die Polizei, ihn getötet zu haben. Sein Körper weise schwere Verletzungen auf, auch an Schultern und Händen, so der Anwalt der Familie, Julius Juma.

Albert Ojwang ist nicht der erste Online­aktivist, der jüngst in Kenia verhaftet wurde. Fast genau ein Jahr nach landesweiten Massenprotesten der sogenannten „Generation Z“ gegen ein neues Haushaltsgesetz mit kontroversen Steuererhöhungen, bei denen über 50 Menschen von der Polizei getötet wurden, sind zahlreiche Onlineaktivisten, Blogger und IT-Spezialisten, die damals die Proteste online befeuerten, verhaftet worden – oder gar spurlos verschwunden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie auf Basis des Gesetzes gegen Computermissbrauch und Cyber-Crime aus dem Jahr 2018. Zu den darin genannten Straftaten fällt auch die Nutzung von falschen Identitäten online und die Beleidigung von Amtsträgern in sozialen Medien.

Vergangene Woche wurde die Softwareentwicklerin Rose Njeri verhaftet. Sie hatte einen Link zu einer Erklärseite über das Haushaltsgesetz gepostet. Kenias Parlament debattiert derzeit das Budget für das Haushaltsjahr 2025/2026, wieder sind Steuererhöhungen im Gespräch. Der kenianische Staat steckt in einer tiefen Schuldenfalle. Steuererhöhungen sind aus Sicht der Regierung von Präsident William Ruto unumgänglich, um die Verschuldung nicht noch weiter zu erhöhen.

Bereits vergangene Woche protestierten Jugendliche vor der zentralen Polizeistation in Nairobi wegen der Verhaftung von Njeri, Mutter von zwei Kleinkindern. Am Wochenende versammelten sich nun hunderte Demonstranten zunächst vor der Leichenhalle des Krankenhauses, in welcher Ojwangs Leiche obduziert werden soll. Sie marschierten dann aber zur Polizeizentrale. Die Obduktion wurde deswegen vertagt und fand erst am Montag statt. Immerhin, Kenias Polizei hat interne Ermittlungen angestrengt und die zuständigen Beamten suspendiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!