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Protest gegen Armut auf HaitiKampf ums bezahlbare Essen

Bei Demonstrationen für billigere Lebensmittel sterben in haitianischen Städten fünf Menschen. Unter den Teuerungen leidet die Mehrheit der extrem armen Haitianer.

Zentrum der Proteste: Demonstranten am Montag in Les Cayes. Bild: dpa

BERLIN taz Fünf Personen sind in den letzten Tagen in Haiti bei gewaltsamen Protesten gegen die gestiegenen Lebenshaltungskosten getötet worden. Zentrum der Proteste ist die Hafenstadt Les Cayes. Bei einer ersten Demonstration am vergangenen Donnerstag hatten dort mehr als 2.000 Menschen "Wir haben Hunger" skandiert und gefordert: "Runter mit den Preisen". Der Protest sei von Gewalttätern ausgenutzt worden, sagte die Sprecherin der UN-Stabilisierungsmission Minustah, Sophie Boutaud de la Combe. Nach Informationen unterschiedlicher haitianischer Medien wurden mehr als drei Dutzend Menschen verletzt, als die Menge Geschäfte plünderte und einen Posten der UN-Blauhelmtruppe angriff. In Les Cayes wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

WFP: Haiti ist überall

Führende Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) haben sich besorgt über die weltweit steigenden Preise für Lebensmittel ausgesprochen. "Was derzeit in Haiti passiert, werden wir bei vielen unserer Hilfsoperationen weltweit erleben - steigende Preise, die bedeuten, dass die Hungrigen weniger zu essen bekommen", warnt WFP-Direktorin Josette Sheeran. Sie apelliert an die Geberstaaten, ihre Ausgaben für Lebensmittelhilfen zu erhöhen.

Seit dem Sturz von Staatspräsident Jean-Bertrand Aristides sorgen rund 9.000 UN-Blauhelmsoldaten für die Sicherheit des Landes. 2007 wurde mit René Preval ein neuer Staatspräsident gewählt. Obwohl die UN weitere Truppen in die 190 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Port-au-Prince gelegene Les Cayes verlegt hat, kam es dort auch am Montag zu Protesten. Ein Mensch sei von den privaten Sicherheitsleuten eines Hotels getötet worden, meldete am Montagabend die haitianische Presseagentur AlterPresse.

Auch in der viertgrößten Stadt des Landes, Gonaïves, und in Petit Goâve, knapp 90 Kilometer südlich der Hauptstadt, ist es zu Demonstrationen gekommen. Sie verliefen allerdings nach Angaben der UN-Sprecherin friedlich. Vor dem Präsidentenpalast in Port-au-Prince demonstrierten am Montag mehrere hundert Menschen, blockierten Zufahrtswege und zwangen Geschäftsleute, ihre Läden zu schließen.

Gemeinsam ist den Protesten die Forderung nach einer Rücknahme der Preiserhöhungen der letzten Monate. Der Kilopreis für Reis hat sich im Verhältnis zum Vorjahr um 24 Prozent verteuert und liegt bei rund 1,60 Euro. Fleisch ist um gut 12 Prozent, Mehl um 31 Prozent, Brot um 27 Prozent im Vergleich mit dem Preis im Februar 2007 gestiegen.

Vor allem die Armen des Landes leiden unter der Verteuerung. Knapp die Hälfte der rund 9,5 Millionen Einwohner haben noch nicht einmal einen Euro am Tag zur Verfügung. Fast zwei Millionen Haitianer leben inzwischen im Ausland. Ohne die Auslandsüberweisungen in Höhe von 1,8 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr könnten die Armen und Ärmsten der Armen nicht überleben. Die Mehrheit der Bevölkerung ernährt sich von einer Mahlzeit täglich, bestehend aus Reis und Bohnen und mit Billigfett zubereitet. Fleisch gibt es selten.

Der Ministerpräsident des Landes, Jacques-Edouard Alexis, zeigte in einer Erklärung Verständnis für die Forderung der Demonstranten nach Preisreduzierungen. Allerdings erschwerten die Gewalttätigkeiten die Arbeit der Regierung im "Kampf gegen Korruption und Drogenhandel", sagte Alexis.

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1 Kommentar

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  • R
    Reiner

    Sieht man sich die Gründe für die Prodeste an, so kann es einem für die Zukunft nur Angst und Bange werden.

     

    Denn diese Gründe sind eine direkte Folge des Klimawandels, der aber erst beginnt.

     

    Für den Mamon Auto werden landwirtschaftliche Flächen in Plantagen umgewandelt, die Pflanzen für die Biospriterzeugung erzeugen sollen.

     

    Das Angebot an Lebensmitteln wird knapper, zumal auch in großen Schwellenländern China, Indien, Brasilien die Nachfrage nach Lebensmitteln steigt, daraus ergibt sich ganz logisch nach unseren Marktgesetzen, daß die Preise steigen.

     

    Die Krux aber ist, daß die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen auf der Erde begrenzt sind.

     

    Nur wer denkt, das ist weit weg, der wird sich täuschen, auch bei uns muß mit solchen Entwicklungen gerechnet werden.