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Protest gegen ArbeitsbedingungenStreiks zu Amazons Aktionstag

Mit einem „Prime-Day“ will der Konzern den Verkauf ankurbeln, doch seine Beschäftigten streiken. Sie fordern seit Jahren tarifliche Bezahlung.

„Kein Rabatt auf unsere Einkommen“: Bei Amazon wird seit Jahren gegen Lohndrückerei protestiert Foto: dpa

Bad Hersfeld/München dpa | Beim Online-Händler Amazon hat es nach Angaben der Gewerkschaft Verdi am frühen Montagmorgen erneut Streiks gegeben. Gestreikt wurde an den sieben Amazon-Standorten in Werne und Rheinberg in Nordrhein-Westfalen, Leipzig, Graben bei Augsburg, Koblenz sowie an den zwei Standorten im osthessischen Bad Hersfeld, wie Verdi-Handelsexperte Orhan Akman sagte. Akman rechnete mit einer guten Beteiligung. Die Kollegen seien „ziemlich verärgert“. Genauere Zahlen zur Streikteilnahme lagen zunächst nicht vor.

Ein Amazon-Sprecher hingegen erklärte am Morgen, nur sehr wenige Mitarbeiter hätten sich am Streikaufruf beteiligt. Der operative Betrieb laufe ohne Einschränkungen. Bereits am Sonntag hatte der Sprecher versichert, dass die Kundenbestellungen rechtzeitig bearbeitet werden, „wie an jedem anderen Tag“. Amazon zahle in seinen deutschen Logistikzentren Löhne am oberen Ende dessen, was sonst für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werde. In Leipzig beginne es mit mindestens 10,78 Euro die Stunde, nach zwei Jahren liege der Schnitt inklusive Boni und Sonderzahlungen bei monatlich 2.275 Euro brutto.

Verdi-Handelsexperte Akman hatte hingegen kritisiert: „Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim Prime-Day zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten.“

Anlass für den aktuellen Streik ist der bis einschließlich Dienstag laufende Aktionstag „Prime-Day“ mit Sonderangeboten für Stammkunden. Die Arbeitsniederlegungen laufen unter dem Motto „Kein Rabatt auf unsere Einkommen“. Akman sagte am Morgen, die Kollegen seien „ziemlich verärgert“.

Verdi kämpft seit mehr als sechs Jahren um einen Tarifvertrag und Lohnerhöhungen. In ganz Deutschland hat Amazon zwölf Warenlager an elf Logistikstandorten und beschäftigt nach eigenen Angaben rund 13.000 Angestellte.

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4 Kommentare

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  • " Und jeder, der hier arbeitet ist zufrieden mit den Löhnen." (Karsten_DTM2)



    Jajajajaja - alles sooo schön kuschelig hier und alle haben sich schrecklich lieb. Und die Streikenden sind ganz bestimmt Ausländer und böse böse Kommunisten die uns das nicht gönnen, gelle.



    Nur seltsam dass aber tatsächlich gestreikt wird - und nicht nur wegen der Löhne sondern auch wegen der Arbeitsbedingungen im allgemeinen und speziellen. - Alles bloß Jux und Tollerei?



    Alles in Allem eine in den USA erprobte und bei uns neue PR-Strategie von Amazon: das 'Amazon-FC-Ambassadors'-Programm:



    www.tagesschau.de/...n-twitter-101.html



    Wer da an unabhängige freie Meinungsäußerung glaubt - na, der glaubt halt dran.



    "Es liegt nicht an irgendwelche Gehirnwäschen oder Druck von den Vorgesetzten." (Karsten_DTM2)

    So ganz neu ist das Konzept auch bei uns nicht. Ich habe das schon mal in nem Betrieb erlebt in dem wir gegen den erklärten Willen des Chefs die Wahl eines Betriebsrates erzwangen. Der verfiel damals auch darauf von ein paar 'unabhängigen' Kriechern eine Unterschriftenliste gegen die BR-Wahl im Betrieb kursieren zu lassen. Hat ihm aber nichts genützt.



    Seine Antwort war eine Kündigungswelle gegen gewerkschaftliche Aktivisten.



    Aber nee: Mit Druck hatte das niemals nie nichts zu tun, gell. Alles nur das 'freie Spiel der Kräfte', wie es so schön heißt.



    Wer's glaubt wird seelig - und der Heiligenschein wird gleich noch mitgeliefert - frei Haus und von einem abgehetzten schwarz-arbeitenden Billigst-Paketboten ohne Sozialversicherung, aus Südosteuropa.



    Man gönnt sich ja sonst nichts!

  • Teil 2:



    Es liegt nicht an irgendwelche Gehirnwäschen oder Druck von den Vorgesetzten. Wir haben an allen Standorten (bis auf den Neuesten im Frankenthal) Betriebsräte, die für uns da sind und vieles mit der Geschäftsleitung regelt. Und jeder, der hier arbeitet ist zufrieden mit den Löhnen. Also gibt es einfach keinen Grund für uns, ver.di zu unterstützen. Ganz simpel.

    Wie gesagt, ja, es gibt Dinge, die man kritisieren kann, aber derzeit habe ich das Gefühl, dass man ständig nur mit ver.di-Beauftragten redet, die aus ganz eigenen Intentionen heraus Stimmung machen. Redet doch mal mehr mit den Kollegen, man würde sehen, dass wir uns nicht so schlecht behandelt fühlen, wie man derzeit in der Öffentlichkeit glaubt.

    Freundliche Grüße,



    Karsten

  • Teil 1:



    Hallo,



    ich arbeite selbst seit 6 Jahren bei Amazon als Versandmitarbeiter (aktuell in Dortmund, vorher in Werne) und kann echt nicht bestätigen, was ich dieser Tage im Netz so lese.



    Bei aller Kritik, die in manchen Bereichen auch zutreffen mag, die Entlohnung für Versandmitarbeiter gehört nicht dazu. Wir reden hier noch immer von einem Job als ungelernte Arbeitskraft. Und dafür ist die Bezahlung gut. Im Beitrag steht 2275€, ich verdiene mit meinen zwei Jahren Betriebszugehörigkeit sogar noch ein wenig mehr (knapp 2300€ + Boni von 6-8%). Wo finde ich denn solche Löhne? Einfach mal schauen, was ein Bäcker, eine Friseurin oder ein anderer Handwerker verdient. Selbst im Logistikbereich wird meist deutlich weniger gezahlt.



    Ver.di nennt auch nie Zahlen, wenn es um den Tarifvertrag geht. Und das aus gutem Grund, die Bezahlung ist nämlich identisch. Unterschiede gibt es dann in den Details. Tarifvertrag beinhaltet Urlaubsgeld, dafür erhält man bei Amazon monatliche Bonuszahlungen und jährlich ein Aktienpaket. Als langjähriger Mitarbeiter kriegt man am Ende sogar weniger Lohn!

    Viele von uns sind nicht mit den Bedingungen von ver.di einverstanden und das merkt man auch an den Streikzahlen. Der ver.di-Beauftragte nennt natürlich keine, weil diese wirklich nicht hoch sind. Ich kann nur aus meiner Sichtweise berichten, aber als ich vorher in Werne gearbeitet habe, waren vielleicht 50 Leute am Streiken, eher weniger. Wir hatten sogar Tage, da wurden Kollegen aus Leipzig mit dem Bus zu uns gefahren, damit diese für uns streiken! Was hab ich nicht schlecht geguckt, als ich das erfahren habe. In Dortmund gibt es aktuell niemanden, der streikt. Letztens waren ein paar Streikende aus Werne da, die das für uns übernommen haben. ;)

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Auf dieser Seite, die Amazon-Bewertungen auf ihre Plausibilität hin prüft, findet sich ein Aufruf an Prime-Kunden in dem darum gebeten wird, Käufe erst nach den Prime-Days zu tätigen um dadurch die Amazon-Beschäftigten zu unterstützen.

    reviewmeta.com/

    Ich weiß, dass ich der einzige Amazon-Prime-Kunde unter den taz-Leserinnen- und Lesern bin, aber vielleicht gibt es ja den einen oder anderen flüchtigen Bekannten, der auch dazu gehört. Dem könnte man das dann sagen.

    Ich finde es gut, dass die Amazon-Angestellten diesen Arbeitskampf führen und wünsche ihnen den größtmöglichen Erfolg.