Protest gegen Antisemitismus: Beleidigt und bespuckt
Die neu gegründete Initiative gegen Antisemitismus ruft am Sonntag zur Kundgebung in Neukölln auf. Auch der Bezirksbürgermeister will teilnehmen.
Jonathan Guggenberger, der zu den Organisatoren der Kundgebung gehört, kennt im eigenen Freundeskreis Menschen, die beleidigt, bespuckt und geschubst wurden, weil sie eine Davidstern-Kette trugen und ein hebräisches Tattoo zu erkennen war. Diese Attacken waren ein wichtiger Grund für die Gründung einer Initiative gegen Antisemitismus. „Es kann nicht sein, sich als Jüdin oder Jude auf den Straßen Neuköllns oder auch anderswo verstecken zu müssen“, formuliert Guggenberger den Konsens der AktivistInnen. Alle Menschen müssten sich sicher fühlen können.
Die Initiative ist natürlich nicht die Erste, die sich in Berlin gegen Antisemitismus engagiert. So hat sich bereits 2003 die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (Kiga) gegründet. Während die ihren Schwerpunkt auf Bildungsarbeit legt, setzt die Neuköllner Initiative im Kampf gegen den Antisemitismus auf die Sensibilisierung einer kritischen Öffentlichkeit und eine länderübergreifende Vernetzung.
Die Kundgebung in Neukölln findet im Rahmen eines internationalen Aktionstags statt:. „End Jew Hatred“ (Schluss mit den Hass auf Juden) und „Combat Antisemitism-Movement“ (Bekämpft die antisemitische Bewegung) sind die beiden zentralen Parolen, unter denen am Sonntag auch in New York, Tel Aviv, Toronto und Brisbane Kundgebungen geplant sind.
Schon am 8. Mai 2021 war Jonathan Guggenberger an einen länderübergreifenden Protest gegen Antisemitismus beteiligt. Er war Mitorganisator der Gedenkkundgebung für Sarah Halimi vor der französischen Botschaft in Berlin. Die pensionierte jüdische Ärztin Halimi war in ihrer Pariser Wohnung von einem Islamisten schwer misshandelt worden. Anschließend wurde sie aus dem dritten Stock ihrer Wohnung in den Tod gestürzt.
Weil die französische Justiz den Täter für schuldunfähig erklärte, kam es zu keiner Verurteilung. Das führte zu am 8. Mai zu Protesten in zahlreichen französischen Städten und in Berlin. Die Kundgebung am Sonntag setzt diesen länderübergreifenden Widerstand gegen Antisemitismus fort. Guggenberger spricht von „einem ersten Zeichen an die Öffentlichkeit, auf das aber definitiv noch mehr folgen muss“.
Zu der Kundgebung haben sich auch der Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Yaki Lopez, Leiter Öffentlichkeitsarbeit der israelischen Botschaft, angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag