Protest bei Klimagipfel in Bonn: Kohlegegner ohne Camp
Während des Klimagipfels in Bonn wird gegen Kohle demonstriert. Doch ein Protestcamp gibt es höchstwahrscheinlich nicht.
„Dieses Jahr leitet mit der Republik Fidschi ein pazifischer Inselstaat die Verhandlungen, der akut vom steigenden Meeresspiegel bedroht ist“, heißt es bei Ende Gelände. „Doch nur 50 Kilometer vom Verhandlungsort entfernt, in den Kraftwerken des Rheinischen Reviers, wird weiter das Klima verheizt.“ Aus logistischen Gründen findet der Gipfel in Deutschland statt, Fidschi hat trotzdem die Präsidentschaft des Gipfel inne.
Ende Gelände mobilisiert in Deutschland und im europäischen Ausland, aber auch die Pacific Climate Warriors werden vor Ort sein, eine Gruppe indigener Gemeinschaften und Graswurzelbewegungen aus pazifischen Inselstaaten.
„Wir im globalen Norden produzieren den Klimawandel, den die Menschen im globalen Süden schon erleben. Dass uns jetzt AktivistInnen aus dem globalen Süden unterstützen, dass wir miteinander solidarisch sind, ist einer der spannendsten Punkte bei den Protesten“, sagt Ende-Gelände-Sprecherin Insa Vries.
Camp nicht als Versammlung anerkannt
Eigentlich sollte es ein Camp für rund 2.000 AktivistInnen geben – das International Camp for Climate Justice vom 3. bis zum 5. November in Kerpen-Manhein. Doch daraus wird wahrscheinlich nichts. Zunächst hatte die Aachener Polizei befürchtet, zur Weltklimakonferenz könne es schärfere Auseinandersetzungen mit Braunkohlegegnern geben als rund zwei Monaten zuvor.
Man gehe davon aus, dass die AktivistInnen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit in die Nähe des Tagebaus gelangen wollen, um Straftaten zu begehen, hieß es in einer Pressemitteilung. Deshalb werde das Camp nicht als Versammlung anerkannt.
Der Anmelder des Camps, Daniel Hofinger, hat deshalb Klage beim Verwaltungsgericht Aachen eingereicht. „Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass die Polizei über das Verbot von Infrastruktur versucht, legitimen Protest zu verhindern“, sagt Ende-Gelände-Sprecherin Vries mit Bezug auf den G20-Gipfel, bei dem ebenfalls Camps verboten wurden. „So stellen wir uns Demokratie nicht vor.“
Doch das Verwaltungsgericht Aachen hat den Eilantrag abgelehnt. Bei dem Camp handle es sich um „keine grundgesetzlich geschützte Versammlung“, so das Gericht. „Wir gehen davon aus, dass das Camp nicht stattfinden kann, und planen unsere Aktionen unabhängig davon“, sagte Dorothee Häußermann von Ende Gelände.
Gegengipfel, Demonstrationen
Eine Reihe von Aktionen sind geplant: Vom 3. bis zum 7. November findet der People’s Climate Summit in Bonn statt, der den AktivistInnen Raum bieten soll, sich auszutauschen und zu vernetzen. Auch hier sind viele internationale Gäste beteiligt: etwa das Indigenous Environmental Network aus den USA, das über Klimarassismus und die Dakota Access Pipeline in den USA berichtet, wo AktivistInnen gegen den Bau einer Pipeline kämpfen.
Schließlich sind noch zwei Demonstrationen angemeldet. Für den 4. November haben unter anderem Campact, BUND, WWF, Greenpeace und Oxfam aufgerufen, mit roter Kleidung um 12 Uhr auf dem Bonner Münsterplatz für einen schnellen und sozialverträglichen Kohleausstieg und eine gerechte Klimapolitik zu demonstrieren. Eine Fahrraddemo soll dafür von Köln nach Bonn führen. Das Bündnis rechnet mit mehreren Tausend TeilnehmerInnen.
Am 11. November demonstriert dann das regionale Bündnis No Climate Change unter dem Motto „Schluss mit dem faulen Zauber! Wir treiben die bösen Geister des Klimawandels aus“. Für die Jecken beginnt am 11. 11. die Karnevalszeit. Deshalb gehen die überregionalen Bündnisse schon vor dem Klimagipfel auf die Straße. Obwohl die rund 25.000 TeilnehmerInnen der UN-Konferenz so wenig von den Protesten mitbekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“