Prostitutions-Vorwürfe: 2.000 Euro für Nacht mit Berlusconi
Italiens Regierungschef soll Frauen zu seinen Partys eingeladen haben, die für ihre Dienste bezahlt wurden. Gegen einen Unternehmer, der die Damen angeheuert haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
ROM taz | Neue Frauendramen um Silvio Berlusconi: Italiens Ministerpräsident muss sich jetzt mit dem Vorwurf rumschlagen, auf seinen zahlreichen Partys auch Damen empfangen zu haben, die sich ihre Einsätze bezahlen ließen. "Anstiftung zur Prostitution" lautet der Vorwurf, unter dem die Staatsanwaltschaft Bari gegen den Unternehmer Giampaolo Tarantini ermittelt. Der soll diverse Frauen angeheuert haben, die "an exklusiven Orten in Rom und in Sardinien", so die Staatsanwaltschaft, tätig wurden. Vier Frauen wurden als Zeuginnen vernommen. Eine von ihnen, Patrizia DAddario, packte nun auch in einem Interview mit dem Corriere della Sera aus.
Die gute Nachricht für Berlusconi: DAddario ist 42 Jahre alt und widerlegt so das Gerücht, der 72-jährige Premier sei bloß an jungen Frauen wie der 18-jährigen Noemi interessiert, die es in den letzten Wochen zu Berühmtheit brachte. Die schlechte Nachricht: DAddario erzählt, sie habe für ihren ersten Auftrag, ein Fest bei Silvio in Rom im Oktober 2008, mit dem Unternehmer Tarantini einen Preis von 2.000 Euro vereinbart. Geflossen seien bloß 1.000, weil sie "nicht über Nacht geblieben" sei.
Das tat sie hingegen beim zweiten Mal. "Es war der Tag im November, an dem Obama gewählt wurde", als Patrizia mit zwei anderen Mädels bei Silvio übernachtete. Die Frau aus Apulien war in ihrer Heimatstadt als "Escort" sowie als Showgirl im Lokalfernsehen aktiv. Mit Aufnahmetechnik kennt sie sich aus. Sie machte Bild- und Tonaufzeichnungen von den privaten Begegnungen, die auch der Staatsanwaltschaft vorliegen.
Entschädigt wurde DAddario nicht bloß mit Barem. Sie hatte zwar mit einer Kandidatur bei den EP-Wahlen gerechnet, es reichte dann aber bloß für einen Listenplatz bei den Kommunalwahlen in Bari vor zehn Tagen. Dort fiel DAddario mit sieben Stimmen durch. Dies mag jetzt ihre Rachegelüste erklären, ebenso wie die Tatsache, dass sie sich von Berlusconi vergeblich die Unterstützung für ein Hotelbauprojekt erhoffte.
Strafrechtlich ist Berlusconi von den laufenden Ermittlungen nicht betroffen. Sein Strafverteidiger Niccolò Ghedini erklärte, Berlusconi habe niemanden zur Prostitution angestiftet oder auch nur selbst gezahlt, sondern sei im schlimmsten Falle bloß der unwissende "Endnutzer" gewesen. Und: "Gewiss hat er [Berlusconi, die Red.] keinen Bedarf an jemandem, der ihm Frauen verschafft. Er könnte sie gratis in großen Mengen haben."
Der für ein phänomenales Personengedächtnis bekannte Berlusconi wird von dem ihm nahestehenden Rechtsblatt Libero so zitiert: "Ich erinnere mich nicht einmal, dieses Mädchen kennen gelernt zu haben."
Wie im "Fall Noemi" hat Berlusconi nicht vor, den Inhalt der Vorwürfe zu kommentieren, die er als "Schmutzkampagne" abtut. Die ihm hörigen Medien beschäftigen sich lieber mit der Frage, wer hinter dem "Komplott" steckt. Genannt werden der Linkspolitiker Massimo DAlema, weil der am Wochenende vor "neuen Erschütterungen" der italienischen Politik gewarnt hatte, aber auch "das Ausland", das angeblich Italien schwächen will. MICHAEL BRAUN
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