piwik no script img

ProstitutionRazzia auf dem Straßenstrich

Mit einem Großeinsatz geht die Polizei in Schöneberg gegen einen 14-köpfigen Zuhälterring vor. Den Verdächtigen wird Menschenhandel vorgeworfen. Das zu beweisen dürfte aber schwierig werden.

Die Polizei sucht nach Licht auf Berlins sündiger Meile Bild: Reuters

Die Polizei hat einen Schlag gegen die Zuhälterszene geführt. Bei einem Großeinsatz in Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein wurden am Mittwochabend 16 Objekte durchsucht und zwei Personen festgenommen. In Berlin erfolgte die Razzia in Schöneberg auf einem Teilabschnitt des Straßenstrichs Kurfürstenstraße und in einer Pension in der Fuggerstraße. 160 Beamte waren im Einsatz. "Wir sind zufrieden", kommentierte die Leiterin des Dezernats für Menschenhandel im Landeskriminalamt, Heike Rudat, die Aktion am Donnerstag.

Ziel war der Razzia die deutsche Zuhälterszene. Nach Angaben von Justizsprecher Michael Grunwald richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen eine Gruppe von 14 mutmaßlichen Zuhältern. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Menschenhandel, Zuhälterei und der Ausbeutung von Prostituieren. Zwei der 14 Männer wurden am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt. Ob sie in Untersuchungshaft kamen oder gegen Kaution frei, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 14 Männer den Abschnitt Kurfürstenstraße zwischen der Einem- und der Genthinerstraße als Revier für sich reklamierten. Mindestens 20 überwiegend deutsche Frauen sollen dort für sie anschaffen gehen. Die Frauen, die in der Nähe des Cafe Einstein stehen, werden von Insidern "Barbie-Puppen" genannt. Zum Stringtanga tragen sie hohe weiße Lederstiefel, haben blonde wallende Haare, üppige Brüste und sind tief dekolltiert. Im Vergleich dazu wirken die Osteuropäerinnen und die Drogenfrauen, die im ersten Teilstück der Kurfürstenstraße stehen, ziemlich ärmlich.

"Das ist eine ganz andere Kategorie", sagte ein Kenner der Szene. "Da steckt Geld hinter." Anwohner haben beobachtet, dass manchmal ein Campingwagen vorfährt, in dem sich Kleidung und Dessous befinden - offenbar eine fahrende Garderobe für die Frauen auf dem Strich.

Mit der jüngsten Debatte um die Prostitution in Schöneberg und der geplanten Einrichtung eines Großbordells an der Potsdamer Ecke Kurfürstenstraße habe die Razzia nichts zu tun, betonte Dezernatsleiterin Rudat. Wie berichtet, gehen an der Kreuzung vor dem Sexkaufhaus LSD und den umliegenden Seitenstraßen vermehrt Prostituierte aus Bulgarien und Rumänien dem Gewerbe nach. Anwohner und Geschäftsleute klagen über das aggressive Verhalten, mit dem Freier angeworben werden. Berichtet wird zudem von Szenen, in denen die Frauen von ihren männlichen Begleitern handgreiflich zur Ordnung gerufen wurden. Selbst tagsüber sitzen diese osteuropäischen Zuhälter ganz offen in einer Bäckerei an der Kurfürstenstraße herum und beobachten ihre Frauen, die draußen in der Kälte auf dem Bürgersteig stehen.

Doch offenbar ist es der Polizei mit der Razzia nach monatelanger Ermittlungsarbeit zumindest gelungen, einen deutschen Zuhälterring auszuheben. Die Beweislange in solchen Fällen ist schwierig, wenn die betroffenen Frauen nicht auspacken. Ohne die Aussage der Frauen sei kaum etwas zu machen, bestätigt Rudat. Zu dem konkreten Fall will sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Allgemein sei es aber so, dass den Huren von ihren Zuhälten 80 bis 90 Prozent der Einahmen abgenommen bekämen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!