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Prostitution in Schweden und DeutschlandDoppelt bestraft

In Schweden wurde das Strafmaß für Sex-Käufe verdoppelt. In Deutschland plant Familienministerin Schröder ein neues Gesetz – basierend auf Ideen des BKA.

Straßenstrich, Hausbordell, Internet: Ein differenzierter Blick auf Prostitution tut not. Bild: lukaspollmueller.de / photocase.com

BERLIN/STOCKHOLM taz/dpa | Zwölf Jahre nach dem Verbot von Sex-Käufen verdoppelt Schweden das Strafmaß für Kunden von Prostituierten. Nach dem fast einstimmigen Beschluss im Reichstag können Freier in schweren Fällen ab 1. Juli für maximal ein Jahr statt bisher sechs Monate hinter Gitter kommen.

Wie im Parlament am Freitag bestätigt wurde, stimmten 282 Abgeordnete für und nur einer gegen den Vorschlag der Regierung. Sie hatte ihre Initiative damit begründet, dass die Bestrafung bei Ausnutzung "wehrloser" Prostituierter bisher zu milde gewesen sei.

Schweden hatte als erstes Land der Welt 1999 den Kauf sexueller Dienstleistungen verboten und damit die Kunden von Prostituierten kriminalisiert. Zwischen Inkrafttreten des Verbotes 1999 und 2009 sind in dem skandinavischen Land 660 Männer wegen Verstößen verurteilt worden, 85 Prozent davon zu Bußgeldern.

Mehr Überwachung

In Deutschland gibt es ein solches Gesetz nicht, es wurde in der Vergangenheit aber durchaus diskutiert. Freier können nach deutschem Recht lediglich mit einem Ordnungsgeld belegt werden, wenn sie Prostituierte außerhalb einer "Toleranzzone" ansprechen, so eine Mitarbeiterin des Prostituierten-Vereins "Dona Carmen e.V.".

"Wir lehnen die Freierbestrafung ab", sagt die Prostitutions-Lobbyistin außerdem. Ein solcher Ansatz sei "keine Emanzipation im Umgang mit Sexualität". In der Praxis sähe es in Schweden so aus, dass die Frauen überwacht würden, und sobald sie einen Freier hätten, würde "zugeschlagen".

Das deutsche Bundesfamilienministerium bewertete die Freierbestrafung in einer schon einige Jahre alten Dokumentation zum Prostitutionsgesetz als zwiespältig. Zwar sei es gelungen, Straßenprostitution und Menschenhandel zurückzudrängen, gleichwohl sei es unbekannt, wohin die Prostituierten verschwunden seien, die die Straße verlassen hätten. "Verdrängungseffekte einer repressiven Prostitutionspolitik" würden auch in anderen Studien anderer Länder belegt.

Debatte um Freierbetrafung: "Pillepalle"

Für die Dona-Carmen-Sprecherin ist die Debatte um die Freierbestrafung "Pillepalle". Sie ist mehr in Sorge wegen eines Gesetzentwurfs, den Familienministerin Schröder bis Ende des Monats vorzulegen plant: er wäre ein Paradigmenwechsel.

Im Büro der frauenpolitischen Sprecherin der "Linken", Cornelia Möhring, hat man sich schon mit Schröders Initiative befasst. "das basiert ja auf einer Entscheidung des Bundesrats vom 11. Februar". Der Bundesrat beschloss unter anderem einen Kondomzwang und die Schaffung eines Mindestalters von 21 Jahren für die Ausübung des Berufs.

"Da wurde damals ja nur die Sittenwidrigkeit rausgenommen"

Seitdem es das Prostitutionsgesetz, eingeführt von Rot-Grün, gibt, wird immer wieder gefordert, das in ihm mehr Dinge reguliert werden sollen. "Da wurde damals ja nur die Sittenwidrigkeit rausgenommen", sagt die Linken-Mitarbeiterin. Unter anderem durch das Bundeskriminalamt (BKA) gefordert und jetzt von Schröder angegangen: Eine Stärkung der Polizei. Der Gesetzentwurf fungiert, wie schon der Beschluss des Bundesrats, unter dem Titel "Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel" – eine unangemessene Vermischung, wie man bei der Linken findet.

Nach dem Willen von Kristina Schröder soll das Thema über das Gewerberecht angegangen werden und eine wesentlich stärkere Überwachung der Prostituierten verankert werden, zum Beispiel eine Registrierung sowie eine Anmeldung ihrer Tätigkeit bei Hausbesitzern. Razzien sollen erleichtert werden. Für die Dona-Carmen-Sprecherin sind die Vorschläge nicht zielführend, sondern lediglich "eine neue Kriminalisierung der Frauen". Ob Schröder allein einen solchen Gesetzentwurf durchdrücken kann, ist zweifelhaft. Beteiligt werden müssten eigentlich die Ministerien für Justiz, Innen, Wirtschaft und das für Finanzen. Zumindest zwei von diesen sind FDP-geführt und ob die Liberalen einem solch repressiven Ansatz zustimmen, ist offen.

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7 Kommentare

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  • G
    Gast

    Das Gesetz soll in erster Line Frauen schützen - vor Menschenhandel, zwangsprostitution, usw. Klar, dafür bin ich auch. Lassen Sie mich jetzt bitte mal die Argumentationskette auf ein anderes Problem übertragen.

     

    In Deutschland werden Autos gestohlen -> ebenso kein wünschenswerter Zustand, oder?!

     

    Die Autos werden z. B. in Polen als Gebrauchtwagen verkauft (Hehlerware). Also lassen Sie uns doch den Erwerb von Gebrauchtwagen in Polen unter Strafe stellen damit in Deutschland keine Gebrauchtwagen mehr gestohlen werden.

  • M
    McBain

    Kürzlich hat Alice Schwarzer in einer Talkshow, in der es eigentlich um Vergewaltigung (!) ging, das schwedische Modell der Prostitutionskriminalisierung indirekt als vorbildlich hingestellt und darauf hingewiese, daß die P. in Deutschland ja noch (!!!) legal sei. Auf den zaghaften Einwand, daß es sich ja um das älteste Gewerbe der Welt handele, entgegnete sie, daß es ja auch jahrhundertelang die Sklaverei gegeben hätte.

     

    Und nun plant ja auch Frankreich ein ähnliches Gesetz. Auch in den einst so liberalen Niederlanden soll das Mindestalter für Prostitutierte auf 21 heraufgesetzt werden, trotz Volljährigkeit und damit Selbstbestimmung ab 18.

     

    Es geht hier nicht um Zwangsprostitution, sondern um das ganz normale Recht, auch den Beruf der Prostituierten bei Volljährigkeit ergreifen zu können. Auch das Argument, die meisten Prostituierten wünschen sich insgeheim ein anderes Leben, greift hier nicht. Wieviele Putzfrauen, Ein-Euro-Jobberinnen, Verkäuferinnen etc. wünschen sich wohl auch eine andere Perspektive. Da regt sich auch keiner auf. Nur wenn es um Sexualität geht, ist man schnell mit dem Argument der Ausbeutung und der Verletzung der Menschenwürde bei der Hand.

     

    Früher waren es die Moralapostel und Sittlichkeitsfanatiker, die alles versucht haben, das Grundbedürfnis nach freiem Umgang mit der Sexualität zu unterdrücken. Da diese heute keiner mehr ernst nimmt, versucht man auf andere Weise, die alten Unterdrückungsmechanismen wieder zu reaktivieren. - Eine verhängnisvolle Entwicklung.

  • N
    noevil

    Solcher Diskussionen bin ich mittlerweile sowas von überdrüssig!!! Mit Sex kann Mann/Frau alles Mögliche bewirken, Erpressung, Rufschändung, Zerstörung von Familie und Partnerschaft, Freundschaft, von Berufs- und Zukunftsaussichten.. Er kann aber auch in gegenseitigem Einvernehmen, Vertrauen, Harmonie und Ausgeglichenheit, Lebensfreude und Zufriedenheit schenken. Das Schlüsselwort heisst erwachsenes Handeln durch Veranwortung. Mir scheint, unsere zivilisierte Welt ist in allen möglichen Bereichen mit viel Eifer dabei, sich kulturell in die Steinzeit zurück zu entwickeln.

     

    Mit unglaublichem Zynismus kann diese Goldmünze mit zwei Seiten die schlechtesten, aber eben auch die besten und manchmal die überraschendsten Seiten zutage fördern.

     

    Wenn nur diese elende Heuchelei aufhören würde.

  • OP
    Otto Pardey

    Europa kann so blöd sein!

    Fest steht,das über viele Jahre in diesem Milieu

    die org.Kriminalität blüht z.B.der Drogen-und Menschenhandel darüber hinaus der Handel mit Pässen.

    Darüber hinaus steht fest,das viele Frauen sich

    diesem kriminellen Milieu freiwillig verschrieben

    haben.

  • MT
    Miaowara Tomokato

    Ich hab schon richtig gelesen. Nur lässt sich manche Bedürfnissbefriedigung nicht solo im Handbetrieb erledigen. Warum sollte also Sex als Dienstleistung nicht angeboten und erworben werden dürfen? Zwangsprostitution ist sicherlich und mit Nachdruck zu bekämpfen. Grundsätzlich ist Prostitution aber erstmal Sex gegen Bares, nicht mehr und nicht weniger. Solange das in beiderseitigem Einvernehmen geschieht, haben sich Gesellschaft und Staat da rauszuhalten.

  • S
    samt

    An Tomokato:

    Bitte genauer lesen, nicht von der Beduerfnis-Befriedigung soll abgehalten werden - diese kann Mann sicher auch gerne weiter und vllt. sogar besser alleine tun.

     

    Schoen auch, dass Prostitutierte mit Alkohol, Tabak und Gras verglichen werden, besser kann das Hintergrund-Denken gar nicht persifliert werden.

  • MT
    Miaowara Tomokato

    Mit Alkohol, Tabak und Gras hat es auch nicht funktioniert. Wieso glauben die Schweden dann die Leute vom Bumsen abhalten zu können?

    Bedürfnisse kann man nicht verbieten, nur befriedigen!

     

    P.S.: Mein Captcha war "Hupe" *snickergiggle*