Projekt zum Prostitutionsausstieg: Bremen hilft beim Ausstieg aus der Sexarbeit
Seit drei Jahren gibt es in Bremen und Bremerhaven ein Modellprojekt. Ein Ergebnis ist ein Leitfaden für den Wechsel in ein anderes Leben.
![Sichtschutzwände verhindern den Blick auf Prostituierte Sichtschutzwände verhindern den Blick auf Prostituierte](https://taz.de/picture/7399293/14/Rotlichtbez-HB-IMAGOecomedia-robert-fishman-1.jpeg)
Die Voraussetzung für einen erfolgreichen Spurwechsel sei eine sehr enge Begleitung und Beratung durch eine Vertrauensperson, sagt Laura Witt. Sie arbeitet in der Stadt Bremen bei der öffentlich geförderten Beratungsstelle „Frauen Arbeits Welten“, die Frauen zu verschiedenen beruflichen Themen berät. Ende 2022 kam das Modellprojekt zum Prostitutionsausstieg dazu – das zu diesem Zeitpunkt schon die Hälfte der dreijährigen Projektlaufzeit hinter sich hatte. Die Frauen kamen zu Laura Witt nach Vermittlung durch den Verein Nitribitt, der schon seit 35 Jahren Sexarbeiter:innen berät und in der Stadt Bremen die niedrigschwellige Beratung im Modellprojekt übernommen hat. Hier ging es weniger um den konkreten Berufswechsel, sondern um die alltägliche Unterstützung.
Die Hürden für Sexarbeiter:innen, die sich beruflich umorientieren wollen, seien sehr hoch, sagt Witt, die in anderthalb Jahren 23 Personen innerhalb des Projekts beraten hat. Neben fehlenden Qualifikationen seien dies gesundheitliche Beeinträchtigungen, aber vor allem auch Stigmatisierungs- und Diskriminierungserfahrungen, „Da geht es erst einmal viel um Stabilisierung.“
Pauschale zur Existenzsicherung
Was zur Stabilisierung beiträgt, lässt sich in einem Praxisleitfaden nachlesen, den das Berliner Institut Interval im Auftrag der Bundesregierung geschrieben hat. Er gründet auf die wissenschaftliche Begleitung der Modellprojekte: Bremen war einer von fünf Standorten, wobei hier jeweils zwei Beratungsstellen in Bremerhaven und der Stadt Bremen einbezogen waren.
Neben Freizeitangeboten und Wissensvermittlung listet Interval auch die Existenzsicherung als Voraussetzung dafür auf, sich ein Leben außerhalb der Prostitution aufzubauen. Doch vor allem diejenigen, die aus einem anderen EU-Land kommen, haben in der Regel keine Ansprüche auf Sozialleistungen. Bremen hat daher aus eigenen Mitteln 14 Projekt-Teilnehmer:innen eine Existenzsicherungspauschale in Höhe des Bürgergeldes für bis zu zwölf Monate gezahlt.
Diese gibt es seit Ende Juli, dem Ende der Projektlaufzeit, nicht mehr. Die Beratung könne Bremen voraussichtlich bis Ende 2025 weiter finanzieren, teilte am Mittwoch Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) mit. Auf Nachfrage bestätigte ihre Sprecherin, dass dies für Nitribitt und die beiden Bremerhavener Beratungsstellen gilt, bisher aber nicht für Frauen Arbeits Welten.
Viele verlieren die Wohnung
Die Bremerhavener Beraterin Monica Kotte sagte, es brauche dringend Übernachtungsmöglichkeiten für die Frauen. Denn viele verlieren die Wohnung, wenn sie keine Sexarbeit mehr machen wollen, weil sie dort leben, wo sie arbeiten. In einem Fall sei ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen, weil die Frau keinen festen Wohnsitz hatte, obwohl sie seit 20 Jahren in Deutschland lebt.
In der Stadt Bremen hatten, anders als in Bremerhaven, einige Frauen keinen Migrationshintergrund. Etwa die Hälfte habe Kinder – und manchmal keinen Kita-Platz, so Beraterin Laura Witt. Erreicht wurden im Land Bremen 48 Sexarbeiter:innen mit dem Angebot – mehr als angestrebt.
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