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Projekt von FilmstudentenMercedes als netter Terminator

Pittoresk die Kulisse, edel das Fahrzeug – ein Spot von Filmstudenten rückt Mercedes in ein hübsches Licht. Dem Autobauer gefällt's trotzdem nicht.

Stoppt sofort – aber nicht immer. Screenshot: vimeo.com

Was in sozialen Netzwerken die Nutzer begeistert, entzückt die Marketing-Experten von Mercedes weniger. Dabei setzt der Spot der Studenten der Filmakademie Ludwigsburg in Baden-Württembergs ein Produkt des schwäbischen Autobauers in ein vorteilhaftes, ja gar heroisches Licht.

In ästhetischen Bildern fährt eine neue C-Klasse durch nebeliges, österreichische Hinterland. Pittoresk die Kulisse, schlicht und edel das Fahrzeug – und außerordentlich klug dazu. Ausgestattet mit einem automatischen Notbremssystem hält das Auto vor zwei auf der Straße spielenden Mädchen an.

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Dem zweiten Kind wird diese Güte nicht zuteil. Es knallt, eine Mutter schreit panisch „Adolf!“, doch der Mercedes fährt aus dem Dörfchen „Braunau an Inn“. Der kleine Adolf, Hände und Beine so angewinkelt, dass sie ein Hakenkreuz formen, liegt tot auf der Straße.

Das Auto erkennt Gefahren bevor sie entstehen – so lautet der Slogan. Drei Hinweise – und der ganze Clou der Geschichte ist aufgedeckt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Was-wäre-wenn-Frage in der Kunst in Bezug auf Hitler gestellt wird. Eric-Emmanuel Schmitt behandelte sie etwa in seinem Roman „Adolf H. Zwei Leben“ und erzählt Hitlers möglichen Lebensweg, wenn er an der Wiener Kunstakademie aufgenommen worden wäre. Nun also der Mercedes als netter Terminator. Gekommen aus der Zukunft, um in der Vergangenheit das Böse im Keim zu ersticken.

Die Bilder und der Schnitt des Films sitzen. Die Pointe ebenso. Warum sich die Filmstudenten ausgerechnet einen Mercedes aussuchen, bleibt unbeantwortet. Ein Renault, Rolls Royce oder Ford hätte den kleinen Adolf genauso effektiv umfahren können. So haftet dem Spot die Brisanz einer deutsch-österreichischen Polemik an. Mercedes findet den Spot aus anderen Gründen nicht witzig. Den Tod eines Kindes in Bezug zum Nationalsozialismus zu stellen, sei unangebracht. Dem Video vorangestellt ist nun der deutliche Hinweis, dass der Spot nicht mit Mercedes assoziiert sei. Pointe verpasst.

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19 Kommentare

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  • SL
    Sky Lustenbaumer

    Es ist ja schick geworden Hitler wahlweise als Bettnässer, Witzfigur oder ähnliches darzustellen und ihn damit zu "entmythologisieren". Die Warheit ist aber das er keineswegs eine Witzfigur war, sondern ein millionenfacher Mörder, der geschickt sein Werk umsetzte. Aus diesem Grund wird es auch nie funktionieren Hitler der Lächerlichkeit anheimzustellen. Daher bin ich auch gegen jegliche Comedy etc. dieser Art. Es ist ungewollt eine Verhöhnung der Opfer.

  • Natürlich ist die Pointe des Films viel zu abgründig und blutrünstig, um als Werbebotschaft dienen zu können (s. u. das schöne Posting von B. Fabro). Es ist daher schon glaubwürdig, dass es sich um eine Abschlussarbeit handelt, die vor allem Kreativität und handwerkliches Geschick demonstrieren soll und nicht um einen Viral-Spot mit Schein-Dementi.

     

    Die morbide Botschaft des Spots kann man dann auch als Persiflage auf die rundgelutschten Erlebniswelten echter Werbespots verstehen. Dass Mercedes jede Verwechslung mit einem seiner eigenen Spots verhindern wollte, ist jedenfalls verständlich. Dieser Spot ist schön umgesetzt, pfiffig und mutig, aber keine Werbung für die Marke.

     

    Ach ja: Warum Mercedes? Weil die den Slogan mit der Gefahrfrüherkennung tatsächlich verwenden. Das der Sternwagen außerdem Hitlers Liebling war, dürfte für die Produzenten ein zusätzlicher Reiz gewesen sein, aber mehr nicht.

  • P
    Poet

    Die Geschichte und Pointe des Spots bewegt sich auf Sextanerniveau. Ich hätte mehr erzählerischen Einfallsreichtum von Filmstudenten erwartet, die immerhin in der Lage waren, einen Film auf technisch so hohem Niveau drehen zu können. Es ist offensichtlich, dass die Erzählung vollkommen dem Produktionsprozess untergeordnet wurde. Der Spot täuscht durch seine hochwertige Erscheinung einen tiefsinnigen, witzigen Inhalt vor, den er einfach nicht hat.

  • V
    vw

    in einem werbespot von vw wurde ein volkswagen von einem selbstmordattentäter in die luft gesprengt. der böse terroist starb, das gute auto blieb heil. und natürlich hat vw sich von dem spot distanziert, obwohl er verdächtig professionell produziert war. das video ging durch alle medien und hat prima werbung für vw gemacht.

    und jetzt fallt ihr noch mal auf exakt den selben trick rein? virales marketing gibt es bei jedem großkonzern. muss die taz da wirklich mitspielen und prima werbung für mercedes machen?

  • Weiß der Geier wieso mal wieder mein Kommentar gelöscht wurde, aber immerhin war er für die Autorin (wohl zu) aufschlussreich, und mit einer gesunden Portion Humor gepaart. Denn nichts anderes zeigt auch dieser Film.

    Auch wenn es manchem KommentatorIn hier nicht gefallen will. Die allerdings, kriegen auch schon Herpesausschlag wenn sie nur ne Dose Sauerkraut im Supermarktregal sehen.

  • J
    Jengre

    Warum erinnert mich der Spot so seht an die tabuverletzenden (und als Werbeträger hocheffektiven) viralen Videos, die immer vom offensichtlichen Produktionsaufwand und Stil her so nahe an den offiziellen Spots der Autohersteller dran waren, daß die Dementi und Distanzierungen von Herstellern und Werbeagenturen nie glaubwürdig waren? Und das machen heute Filmstudenten? Na Hut ab. Immerhin ist es glaubwürdig unprofessionell (oder einfach instinktlos), den kleinen Adolf und seine Mutter so zu casten, daß sie optisch wie Symapthieträger rüberkommen - und den entsetzten Aufschrei der Mutter können auch alle Eltern emotional nachvollziehen. Auch ein Adolf Hitler war eben mal ein Kind, das keiner überfahren will. Es sei denn, man denkt wie der erwachsene Hitler als eugenischer Ausmerzer. Welche Automarke sich Hitler und den Nazis aktiv andiente, wurde ja schon erwähnt.

  • BF
    Bruno Fabro

    Die Argumentation im Artikel mag ja auf den ersten Blick schön und gut sein, sie ist jedoch nicht zutreffend.

     

    Erstens. Werbung funktioniert nicht rational, sondern emotional und assoziirend. Mercedes wird in diesem Werbespot mit ewiggestriger Umgebung, Nationalsozialismus und den vorsätzlichen Tod eines Kindes assoziiert. Ein Marketing-Gau.

     

    Zweitens. Der Spot lässt sich rational argumentiert für alles missbrauchen. So schreibt Stephan Mirwalt: Autos sind Mordmaschinen. Ergo ist, wer ein Auto fährt, ein potentieller Mörder. Wer wollte Stephan Mirwalt schon einen Vorwurf machen, wenn er, um die erkannte Gefahr zu beseitigen, z.B. den nächsten DHL-Fahrer, der im ein Päckchen bringt, einfach erschlägt. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

     

    Es hätte übrigens ein einfaches Mittel gegen Hitlers Herrschaft gegeben: Ihn nicht wählen. Seltsam, dass der Autor des Artikels auf diesen simplen Zusammenhang mit keiner Silbe verweist.

     

    Aber Halt! Es ist doch einfacher nur Hitler zu überfahren als 50% aller Deutschen. Das schafft nicht mal ein Mercedes.

     

    Nein, dieser Werbespot ist an Dämlichkeit nicht zu übertreffen.

     

    PS: Die RAF hatte sich in den 70er Jahren ebenfalls angemasst, über Leben und Tod zu entscheiden. Massstab war: Alle Verantwortungsträger, die ihnen für die Zukunft Deutschlands gefährlich erschienen, waren zu elimieren.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Surfen auf dem / im Zeitgeist - diese Werbung paßt zur bewußtseinsschwachen wie bewußtseinsbetäubten Technokratie der stets imperialistisch-faschistischen Hierarchie von und zu materialistischer "Absicherung", wo Mensch zunehmend auf seine Gene reduziert wird, damit man ihn möglichst schon gleich nach seiner Geburt wettbewerbsbedingt klassifizieren und total überwachen kann, oder wenn nötig gleich AUTOmatisch entsorgen!?

     

    Wer sich wundert, oder lacht, hat den stumpf-, wahn- und blödsinnigen Kreislauf des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung aus dem Paradies" noch nicht verstanden.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Autos sind und bleiben Mordmaschinen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

    • K
      Kaneeda
      @Stephan Mirwalt:

      Hab immer das gefühl du schreibst in jeden thread in dem ein Auto vorkommt nur um deine Verachtung zu äussern. Zumindest lese ich deinen finalen Satz sehr häufig.

       

      Wer pauschalisiert ist nichts als ein Idiot.

  • K
    Kängeru

    Witzig!

  • G
    golm

    Wer so einen Werbespot lustig findet, ist in seiner Denkweise von einem Nazi kaum zu unterscheiden.

    • KS
      Kurt SCHIELER
      @golm:

      Treffer

  • SK
    Susanne Kapp-Freudenberger

    Denen, die 's lustig finden, empfehle ich Neil Gregor: Stern und Hakenkreuz - Daimler Benz im Dritten Reich oder andere einschlägige Literatur! Der Autobauer wurde damals in kürzester Zeit zum Ausrüster von Hitlers Kriegen und profitierte außerdem von der Ausbeutung tausender Zwangs- und SklavenarbeiterInnen, aber ohne "Schindlers Liste". Die Menschen wurden "nach Gebrauch" direkt nach Auschwitz weitergeleitet. Design-StudentInnnen empfehle ich einen - wenigstens kurzen - Blick in die jeweilige Unternehmensgeschichte, bevor sie witzig sind. Natürlich kann man sich mit Was-wäre-wenn-Gedankenspielen befassen (s. Inglourious Basterds), aber doch nicht, indem man den Tätern von damals -unwissentlich- nachträgliche Retterqualitäten verpasst.

     

    Susanne Kapp-Freudenberger

  • S
    Stefan

    Das mir ja kein Kind durch Streumunition verletzt wird.

    Gefahren vermeiden, bevor sie entstehen.

  • S
    Schmeizler

    Als Braunauer finde ich witzig, was die Leute für Vorstellungen von dem Städtchen haben - Fachwerk gibt's dort jedenfalls nicht. Der Spot läuft übrigens streng gesehen auch historisch fehl: Der kleine GröFaZ hat Braunau schon als Dreijähriger verlassen und ist nach Leonding bzw. Linz umgezogen. Aber wen kümmert's.

  • M
    Müller

    Und dabei ist der Führer doch am am liebsten Mercedes gefahren.

    Aber der Führer war ein armes Schwein,er hatte keinen Führerschein!

  • E
    eddy0815

    Oder ist es doch deshalb,weil der Föhrerrr auch Mercedes fuhr???

    • H
      Holzer
      @eddy0815:

      Dazu noch im Cabriolet,nicht in einer gepanzerten Limousine wie unsere heutigen Volksge..... ähh ...vertreter!!!