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Projekt Stuttgart 21Wolfgang Tiefensee unter Druck

Die Bundeskanzlerin macht dem Verkehrsminister Dampf..Er soll Oettingers Forderung nachkommen, die Bahninfrastruktur im Ländle aufzupeppen.

Tiefensee muss fürchten, aufs Abstellgleis zu geraten Bild: dpa

BERLIN taz Der Bundesverkehrsminister hätte eigentlich Zeit. Mit dem Bahnhofsbau selbst hat er wenig zu tun, nur die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Stuttgart und Ulm fällt in seine Zuständigkeit. Und das erste Geld dafür soll frühestens 2017 aus seinem Etat fließen. Fraglich, ob Tiefensee dann noch auf seinem Ministersessel sitzt. Doch selbst wenn - er hat vorher eigentlich noch ganz andere Probleme zu lösen.

Den Börsengang der Bahn zum Beispiel, der noch lange nicht sicher ist. Und dabei könnten mögliche Milliardenrisiken, die mit dem Projekt im Ländle verbunden sind, potenzielle Investoren verschrecken. Deshalb ist Tiefensee bislang hart geblieben, hat Oettingers Wünschen keinen Raum gegeben. Doch jetzt wird er nicht mehr anders können.

Denn zum einen kommt ihm die Landesregierung in Baden-Württemberg in vielen Punkten entgegen. Wenn stimmt, was vor dem Treffen kolportiert wurde, kann Tiefensee dem früheren Bau von "Stuttgart 21" zustimmen, ohne dafür tiefer in die Tasche greifen zu müssen.

Zum anderen würde Verkehrsminister Tiefensee mit einer Blockade Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen sich aufbringen. Die hat sich am Mittwoch noch mal öffentlich für das Projekt eingesetzt - und erwartet einen Erfolg. Damit sichert sie sich die Unterstützung des Parteikollegen und angeschlagenen Stuttgarter Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Und sie kann beweisen, dass sie als moderate Konservative aus der ostdeutschen Provinz durchaus ein offenes Ohr für die Belange der Hardliner aus dem Südwesten hat. Ein wichtiges Pfand im innerparteilichen Machtpoker mit den Ministerpräsidenten.

Und nicht nur die Kanzlerin setzt Tiefensee unter Druck. Auch seine Parteigenossen in Baden-Württemberg fordern eine Verbesserung der Infrastruktur der Bahn. Einen Konflikt mit ihnen kann Tiefensee nicht wollen. In mehreren sozialdemokratischen Landesverbänden und auch der Bundestagsfraktion formiert sich bereits der Widerstand gegen den Bahn-Börsengang. Scheitert Tiefensee damit, gerät der einstige Hoffnungsträger aus Leipzig endgültig ins politische Abseits. Insofern geht es Tiefensee nicht anders als Günther Oettinger. Bei beiden geht es derzeit um mehr als um einen neuen Bahnhof.

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1 Kommentar

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  • ML
    Manfred Leickel

    Darf man mal fragen, weshalb der Steuerzahler überhaupt noch zur Kasse gebeten wird, um irgend welche Prestigebauten der Bahn zu finanzieren, wenn der ganze Ramsch doch privatisiert werden soll? Wäre es nicht an den Investoren, diese Projekte zu bezahlen? Oder geht es vielleicht doch darum, das Steueraufkommen der BRD zu privatisieren?