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Programmplanung in der KriseKein Verlass auf 20.15 Uhr

Weil man bei der ProSiebenSat.1-Gruppe die Werbeblöcke nicht mehr voll kriegt, startet manches Programm eher. Gemein, wenn man als Zuschauer den Anfang der Lieblingsserie verpasst.

Mitten ins Programm geplatzt? 20:15 ist relativ. Bild: dpa

Ob Züge, Gehaltsüberweisungen oder das Essen im Restaurant - alle Welt beschwert sich über Verspätungen. Dabei macht man sich gar nicht klar, was man an ihnen hat. Denn das eigentliche Übel sind in Wahrheit Verfrühungen. Oder wie fänden Sie es, wenn Sie pünktlich an der Bushaltestelle ankommen und der Bus ist schon weg?

Die Zuschauer von ProSieben konnten solche Erfahrungen zuletzt häufiger machen: Die Sendungen begannen zum Teil deutlich früher als in den Programmzeitungen angegeben. Aus einem einfachen Grund: In Zeiten der Wirtschaftskrise können offensichtlich die Werbeblöcke nicht mehr ausreichend gefüllt werden. Die gesetzlich erlaubten maximal 12 Minuten werden verfehlt, das Programm läuft zu schnell durch. Der Medienbeobachter Stefan Niggemeier dokumentierte im FAZ-Fernsehblog an zwei Abenden insgesamt Abweichungen von 22 Minuten.

Besonders dumm lief es vergangenen Dienstag: Da stand die neue Serie "Der kleine Mann" (siehe taz vom 24. 3.) auf dem Programm. Laut Programmzeitschrift sollte sie um 22.45 Uhr beginnen, in den Tageszeitungen stand 22.40 Uhr, tatsächlich ging es nochmal 3 Minuten früher los. Solche Zeitverschiebungen sind ärgerlich für Publikum wie für den Sender: Wenn Zuschauer die ersten Minuten einer neuen Serie verpassen, sind sie im schlimmsten Fall für die gesamte Staffel verloren. Quote macht man so nicht.

Bei SevenOne Media, der Vermarktungsgesellschaft der ProSiebenSat.1-Sendergruppe, nimmt man die Sache locker. Es handele sich um Einzelfälle, die auch nur Randzeiten im Programm beträfen. Dass man die Uhrzeiten in den 14-täglichen TV-Magazinen lieber am Sendetag nochmal woanders überprüfen sollte, wurde allerdings unumwunden zugegeben.

Ansonsten sei das so: Bis zu vier Stunden vor Ausstrahlung können noch Spots geschaltet werden. Klar, dass man für solche Last-Minute-Buchungen Slots freihält - manchmal halt vergeblich. Dann lassen sich Lücken nur noch mit Programmtrailern oder anderer Eigenwerbung wie der für den ProSieben-Messenger füllen. Ein Mittel, das man aber nicht beliebig überstrapazieren kann.

Klingt zwar irgendwie verständlich, aber dennoch: Von einer Sendergruppe mit über 20 Prozent Marktanteil und einem Riesenapparat für die minutenexakte Optimierung der Programmabläufe und Zuschauerströme hatten wir nun irgendwie mehr erwartet.

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7 Kommentare

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  • EL
    Erwin Lindemann

    Dabei könnten die es viel einfacher haben: Früher hatte man in den Werbepausen kurze Trickfilmchen "Mainzelmännchen", "Ute, Schnute Kasimir", "Onkel Otto" usw. gezeigt. Und selbst in den Zeiten wo es keine Werbung gab, hatte man für die Freiminuten nette Kurzfilmchen mit Seehunden, Katzen im Senderlogo usw. Selbst RTL Plus nutzte damals so Einspielfilmchen mit den Heinzelmännern oder der Filmklappe, wo immer was schief ging. Und wenn das nicht reicht, führt man die Ansagerinnen wieder ein. Auch da hatten auch die Privaten früher was zu bieten. Zum Beispiel der Moderator, der durch den Tag führt (RTL Plus) oder die hübschen Damen bei Pro 7. Aber mit dem Zwang viel Geld zu verdienen, sind leider die Ideen vollkommen auf der Strecke geblieben. Es reicht eben nicht aus, Werbung unterbrochen von Filmfragmenten auszustrahlen, und dann zu weinen, dass die Zuschauer weglaufen und nur noch im Internet surfen.

  • AD
    Axel Dörken

    ICH FREU MICH!

     

    zum einen kann Mensch so darüber nachdenken, ob er alles bierernst und sich über so etwas aufregen will (Nix besseres zu tun?).

     

    Zum anderen wird mir nun klar, wieso die "Piraten der Karibik" am Sonntag mir einem Mega Werbespot "in eigener Sache" (Pro7) begann und auch relativ viele Spots "in eigener Sache" zwischendrin ausgestrahlt wurden.

     

    Und zum dritten hege ichda, wo sich andere aufregen meißt eine Hoffnung. In diesem Fall:

     

    Zukünftig könnte es wieder mehr Sendungen und weniger Werbung im TV geben. Na, klar, einige TV-Sender gingen Pleite. Doch ist es, wenn überhaupt (Verlust kann ein sinnvolles Ereignis sein,w as zur Neuorientierung führen kann), nur schade um die Arbeitsplätze.

  • P
    pigleich5

    ich verstehe nicht, warum Pro 7 als Ausgleich nicht diese nette Gleitcreme-Werbung wieder einsetzt.

     

    Aber mich stört es eigentlich nicht besonders, wenn der Sendeplan durcheinander kommt. Weil der Sinn eh schon vertrieben ist, kommts doch nicht darauf an, wenn man in die werbebegleitenden Programmteile hinein schaut.

     

    Oder?

  • S
    Serienfan

    Hallo.

     

    Ich bin sehr verärgert, nicht nur über diese Praxis.

     

    Denn wenn die verschobenen Anfangszeiten weder auf der Webseite, noch im EPG des digitalen TVs (Kabel) korrekt angegeben werden, hat man keine Chance.

     

    Dabei gibt es doch Lösungen:

    Früher gab es oft mal einen "kleine Pause".

    Oder man sendet Werbung doppelt. Oder eine längere Version.

    Oder eine Werbung für Kondome gegen AIDS oder ähnlich sinnvolles.

    Oder man sendet Trailer fürs eigene Programm oder einen verbundenen Sender.

     

    Was einige Programmplaner auch für toll halten, nämlich Werbung mitten im Film einzublenden oder/und komische, kreischende Geräusche nach der Werbung zu einzublenden (z.B. Das Vierte) verärgert mich auch sehr. Ich muss diesen Müll dann mühsam im Videoeditor rausschneiden. Was bei dem Kreischen nicht geht, weil dabei auch die Sprachinformation weggeschnitten würde.

     

    Wenn ich als Kunde (ich bezahle ja schliesslich den Sender über das Werbebudget der von mir gekauften Produkte mit!) so mies behandelt werde, verzichte ich für mehrere Monate auf diesen Sender und probiers danach ggf. noch mal, falls mich eine Sendung besonders interessiert.

    Auf e-mails von Zuschauern reagieren diese Sender nämlich nicht.

     

    Wundern sich die Programm-Macher über die Zuschauerzahlen ihrer Sender?

    Ich weiss, warum die wegbleiben.

     

    Einen Film, eine Serie will man doch schliesslich geniessen.

    Von Anfang an.

    Und ohne eingeblendete Werbung mittendrin.

    Und ohne überflüssige, störende Geräusche.

     

    Gruss, ein Serienfan

  • A
    Anonym

    Also so neu ist das aber auch nicht. Ich meine das konnte man schon vor 2-3 Jahren erleben, dass manchmal Sendungen zu frueh anfingen. Zumindest bei Pro7. Vielleicht ist es jetzt haeufiger

  • PS
    Peter Schneider

    Man könnte natürlich auch zur Freude der Zuschauer weniger Slots freihalten (bzw. kürzere Werbeunterbrechungen machen)! Das würde die Zuschauerzahlen deutlich anheben.

  • WD
    Walter Drews

    Also ich freue mich, wenn diese Sendergruppe wirklich pleite geht. Ich sehe mir da zwar nie was an, aber ich ärgere mich, daß diese Kanäle in meinem Analogfernseher automatisch gespeichert sind. Für mich ist das schon zuviel Belästigung mit diesem Schrott!