Problematische Saga-Sanierung: Asbeststaub in der Luft
Altonaer Saga-Mieter beschwert sich über mangelnde Sorgfalt bei Sanierungsarbeiten. Wohnungsunternehmen und Behörden wiegeln ab
Die Fotos sehen nicht vertrauenerweckend aus: aufgekratzte Oberflächen, raue Abbruchkanten, beschädigte Müllsäcke. Doch das, was der Saga-Mieter Michael Stein mit Hunderten von Fotos und auf Video dokumentiert, wäre keine Zeile wert, wenn es sich nicht um asbesthaltiges Material handelte – und die Instandsetzung eines bewohnten Mietshauses. Seit Wochen versucht Stein mit seiner Dokumentation die Behörden und das städtische Wohnungsunternehmen zum Handeln zu bewegen. Passiert ist wenig.
Stein wohnt in der Eckernförder Straße 3 in Altona-Nord, ein 17-stöckiges Hochhaus aus den 70er-Jahren. Seit Mai wird die Wohnanlage modernisiert und instandgesetzt. Lüftungsschächte werden herausgerissen, Verkleidungen entfernt, Schutt nach draußen transportiert. Und all das, kritisiert der Mieter, ohne dass die Handwerker die nötige Sorgfalt beim Umgang mit dem hochgiftigen Material walten ließen oder die einschlägigen Vorschriften umsetzten.
Die Liste seiner Vorwürfe ist lang: Beim Aufbrechen und Abbauen der Lüftungsschächte sei asbesthaltiges Material beschädigt worden. Ineinander gesteckte Lüftungsrohre seien beim Abbauen abgebrochen, ein Strang ohne Staubabsaugung abgerissen worden. Zudem hätten die Arbeiter den Abraum in einem regulären Personenaufzug transportiert. Auch seien manche Wohnungen nicht staubschützend verklebt worden.
Unstrittig ist, dass in dem Gebäude viele asbesthaltige Elemente verbaut wurden. Dass bei deren Abbau Asbeststaub in die Luft gelangte, ließ Stein auf eigene Kosten vom TÜV nachweisen: In einer von zwei Ende Mai genommenen Schmutzproben fanden die Prüfer Asbest. Laut TÜV ist der Asbest damit nachgewiesen. Die Menge liege aber knapp unter dem, was als „deutliche Belastung“ gelten könne. Stein wandte sich an den Mieterverein zu Hamburg und an die Bau- sowie die Gesundheitsbehörde. Am 2. Juli kam es zu einer Ortsbegehung mit Vertretern der Baufirmen, des Amtes für Arbeitsschutz und der Saga.
Baufirma abgemahnt
Nach Angaben des Mietervereins pochten die anderen Beteiligten darauf, die Rohre seinen ordnungsgemäß abgebaut worden. Der Mieterverein dagegen dokumentierte Beispiele, die Steins Beschwerden stützen.
Nach Auskunft der Gesundheitsbehörde hat das Amt für Arbeitsschutz im Mai, Juni und Juli die Baustelle besucht. Dabei seien „keine Verstöße gegen die Vorschrift ’Technische Regel Gefahrstoffe TRGS 519‘ festgestellt“ worden. Allerdings habe das Amt früh „auf die notwendige strikte Gewährleistung von Sauberkeit und Ordnung auf der Baustelle hingewiesen“. Das Amt habe auch empfohlen, die Schächte während des Abbruchs zu reinigen, die Zugänge besser abzuschirmen und zur Sanierung der Balkonverkleidungen Außenaufzüge zu installieren.
Die Saga bestätigte, dass man sie in den letzten Juli-Tagen darüber informiert habe, dass nicht sachgemäß gearbeitet worden sei. Die Baufirma sei schriftlich abgemahnt worden. „Sofern Saga/GWG-Mieter oder Dritte auf derlei Umstände hinweisen, reagieren wir umgehend“, versichert Saga-Sprecher Michael Ahrens. Stein habe seine Fotos jedoch früher gemacht.
Auch Mieterverein verärgert
Wilfried Lehmpfuhl vom Mieterverein ärgert sich über die Art, wie Steins Beschwerde behandelt wurde. „Ich habe nicht den Eindruck, dass die Überwachung der Asbestbaustellen ordentlich verläuft“, sagt er mit Blick auf andere Beschwerdefälle wie das Niebuhrhaus an der Reeperbahn.
Auch die Politik hat inzwischen reagiert. Der Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge (Grüne) vermutet, dass bei weiteren Saga-Gebäuden in Altona-Nord ähnliche Probleme auftauchen könnten. In einer Anfrage an den Senat möchte er wissen, wo weitere asbesthaltige Bauteile ausgetauscht werden sollen. Auch fragt er sich, wie das Amt für Arbeitsschutz die positiven Asbestproben beurteilt.
Leser*innenkommentare
irmi
Gast
natürlich wiegelt man das ab. Solche Sanierungsarbeiten müssen Spezialfirmen machen und die kosten richtig Geld. Sollen sich doch lieber die Arbeiter vergiften oder die Menschen in der Umgebung durch den Staub.
windisch
Gast
Der Vorfall ist symptomatisch für die Arbeitsweise der SAGA. Es gibt eine Bauleitung seitens der SAGA, die das kontrollieren sollte. Da aber für so etwas aus Einsparungsgründen keine Zeit bleibt, findet eine wirksame Kontrolle nicht statt und bleibt dann an den Mieter_innen hängen. Das geht seit Jahren so. Die SAGA spart Personal ein und es bleibt den Mietern überlassen, unetgeltlich zu kontrollieren, auf Mißstände hinzuweisen oder gleich alles selbst zu machen. Das war früher nicht so. Da wurden diese Aufgaben von SAGA-Mitarbeitern erledigt. Wozu wir immer höhere Mieten zahlen, frage ich mich angesichts dieser Zustände. Aber ein Gewinn von 175 Mio. in 2012 kommt nicht von nichts. Dafür arbeiten die Mieter_innen.
Rossignol
"Die Baufirma sei schriftlich abgemahnt worden." - von den SAGA-GWG-Schreibtischtätern - und damit haben sie ihre Arbeit getan.
Die SAGA beauftragt meistens Firmen, die billige ausländische Arbeitssklaven beschäftigt - ob bei der Treppenhausreinigung, Gartenarbeiten oder Bausanierung.
Diesen (meistens ungelernten) Menschen - ob aus Polen, Russland oder südlichen Ländern geht es nur um ihren schlecht bezahlten Job - alles andere ist ihnen anscheinend egal.
Und der SAGA interessiert es einen feuchten Dreck, ob die Arbeiten zufriedenstellend gemacht werden oder nicht. Da wäscht nur eine Hand die andere.
Rainer B.
Es sollte den Bauarbeitern eigentlich klar sein, dass sie auch ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen, wenn sie nicht die nötige Sorgfalt walten lassen. Man kann solchen Firmen auch die Erlaubnis zur Asbestentsorgung entziehen.
Aus dem Kraftwerksbau weiß ich, dass da fast auschließlich Subunternehmen mit Leiharbeitern am Werk sind. Nicht immer ist den Leuten das hohe Gesundheitsrisiko auch bewußt. Wozu gibt's denn Bauaufsichtsbehörden, wenn die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen?